Handball: Heubergers Stuhl wackelt
Nach der 25:27-Niederlage in Montenegro droht dem DHB-Team erstmals das Scheitern in einer EM-Qualifikation.
Podgorica. Der deutsche Handball war in Schockstarre, Spieler und Trainer Martin Heuberger konnten die fatale 25:27-Niederlage im EM-Qualifikationsspiel gegen Montenegro nicht fassen, rangen um Worte. Nach dem Verpassen der Olympischen Spiele in London droht erstmals seit Einführung der EM 1994 auch ein Kontinental-Turnier ohne die Deutschen über die Bühne zu gehen.
Und das hätte weitreichende Folgen: Erstmals müsste die DHB-Auswahl von November bis Januar eine Vorqualifikation für die WM 2015 in Katar spielen. Nur die Gruppensieger qualifizieren sich für die neun Play-off-Spiele im Juni 2014. Und alle Nicht-EM-Teilnehmer dieser Ausscheidungsspiele finden sich bei der Auslosung im Januar in Topf 2 wieder, treffen definitiv auf einen Top-Gegner aus dem Feld der EM-Vierten bis EM-Zwölften.
Dabei hatte der Trainer vor der Begegnung gegen Montenegro „absolutes Vertrauen“ in seine Mannschaft geäußert. Obwohl Heuberger viele Absagen hatte hinnehmen müssen, sollte das Team „schnell für klare Verhältnisse sorgen“. Heuberger hatte einen Sieg gefordert, ihn auch erwartet — eine Fehleinschätzung. Nun scheint er nicht mehr unumstritten zu sein.
Das Problem: Der DHB steckt in einem Macht-Vakuum. Über Heubergers Anstellung entscheidet das DHB-Präsidium. Beim Bundestag im September treten Präsident Ulrich Strombach sowie die Vizepräsidenten Horst Bredemeier und Heinz Winden nicht mehr an. „Fakt ist, dass Martin Heuberger einen Vertrag bis 2014 hat. Aber klar ist auch, dass wir uns nun aller Kritik stellen müssen. Schließlich ist es immer unser Anspruch gewesen, an einer EM teilzunehmen“, sagte Bredemeier.
Der designierte DHB-Präsident Bernhard Bauer hat eindeutige Zweifel an der Zukunft von Heuberger geäußert. „Eine Jobgarantie gibt es für niemanden“, sagte Bauer den „Stuttgarter Nachrichten“. „Grundsätzlich gilt, dass der deutsche Handball bei großen Turnieren unter den besten vier Teams sein muss. Das muss auch der Maßstab für den Trainer sein. Ich bin bereit dazu, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.“ Bauer soll beim DHB-Bundestag zum Nachfolger Strombachs gewählt werden.
Sollte das rein rechnerisch noch immer mögliche Wunder (siehe nebenstehenden Kasten) ausbleiben, wäre der gewaltige Imageschaden für Deutschland perfekt. Dazu käme die anspruchsvolle Vorqualifikation für die WM. Kein Wunder also, dass die Enttäuschung beim DHB-Team tief sitzt. „Es wäre schon unendlich bitter, wenn wir nicht bei der EM 2014 in Dänemark dabei wären“, sagte Kapitän Oliver Roggisch.