Hype um Balic in Wetzlar - Nur Auftaktniederlage stört ein wenig
Wetzlar (dpa) — Umringt von zahlreichen Fans stand Ivano Balic noch Minuten nach dem Abpfiff auf dem Parkett und schrieb schwitzend Autogramme. Statt Zauberstückchen des Superstars gab es beim Saisonauftakt der HSG Wetzlar in der Handball-Bundesliga eine 26:28-Niederlage gegen den TBV Lemgo.
Der Olympiasieger von 2004 war trotzdem der gefragteste Mann. Und so stellte Balic mit glänzenden Augen fest: „Es war großartig. Die Halle war voll. Ich hoffe, das wird bei jedem Spiel so.“
Als HSG-Trainer Kai Wandschneider den 34 Jahre alten Paradiesvogel nach 19 Minuten beim Stand von 9:13 erstmals auf das Parkett schickte, ging ein Raunen durch die Menge. In der Folge blitzte die Spielkunst des Kroaten gelegentlich auf. „Er hat sich voll reingehängt. Er hat bewirkt, dass wir aggressiver wurden und schneller umgeschaltet haben“, lobte Wandschneider den zweimaligen Welthandballer. Als Balic einen Tempogegenstoß zum 14:14 abschloss, stand die Halle Kopf.
Am Ende konnte Balic die Heimpleite nicht verhindern. „Ich hätte noch zwei, drei Wochen gebraucht, um die Spieler besser kennenzulernen. Wir sind so jung, wir brauchen einfach Zeit, um die Abläufe zu verinnerlichen. Ich kann noch besser werden und auch die ganze Mannschaft“, sagte er nach seinem ersten Bundesligaeinsatz.
Gedanken über seine eigene Leistung machte sich der Kroate direkt nach dem Abpfiff noch nicht. „Das Spiel ist gerade erst beendet. Ich habe in meinem Kopf noch nicht realisiert, was ich heute getan habe“, erklärte er schmunzelnd.
Das entspricht genau seinem Wesen. Balic selbst bezeichnet seinen Spielstil als unberechenbar. Er versucht viele verrückte Dinge im Training. Viel habe er vom Basketball mitgenommen, das er als Kind im vom Krieg erschütterten Kroatien neben Handball spielte. Die Devise, als Spielmacher beim Basketball immer den Kopf oben zu behalten, hat er verinnerlicht. Seine No-Look-Pässe sind legendär und haben Kroatien bei großen internationalen Turnieren regelmäßig Medaillen beschert.
In Wetzlar erhofft man sich trotz des fortgeschrittenen Handball-Alters des Neuzugangs viel von seiner Genialität. Doch nicht nur sportlich kann der Verein von Balic profitieren. Allein durch seine Anwesenheit eröffnet sich für den Mittelklasse-Club eine neue Dimension. Presse, Zuschauer, Sponsoren — das Interesse ist bereits gestiegen. Alles dreht sich um Balic. „Das ist vielleicht nach außen hin so. Intern sieht es anders aus. Wir müssen Ivano integrieren. Teilweise braucht er seine Freiheiten. Aber das dauert“, sagte HSG-Kapitän Jens Tiedtke.
Der Kreisläufer warnte deshalb vor allzu großer Euphorie. So gut Balic sei, Wunder könne auch er nicht vollbringen. Tiedtke appellierte daher: „Er ist natürlich ein Mann, der jedes Spiel entscheiden kann. Aber man kann nicht erwarten, dass er herkommt und alles in Grund und Boden spielt. Er muss sich erst einmal an die Bundesliga gewöhnen.“