Kiel will vierten Champions-League-Sieg - Weinhold fraglich

Köln (dpa) - Steffen Weinhold joggte in Gedanken versunken durch Köln, Dominik Klein schlenderte lässig durch die Hotel-Lobby und der sonst so gestrenge Trainer Alfred Gislason gab sich gelöst.

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Am Tag vor dem wohl wichtigsten Spiel der Saison herrschte im Lager des deutschen Handball-Rekordmeisters ein zur Schau gestellter Entspannungs-Modus. „Ich habe mir vorgenommen, das Turnier zu genießen - egal, was kommt“, sagte der Isländer.

Doch im Kopf hatten der Trainer und seine Mannen aber nur ein Ziel: Mit einem Sieg an diesem Samstag (18.00 Uhr) gegen MVM Veszprem ins Finale der Champions League einziehen und möglichst am Sonntag zum vierten Mal die wichtigste Trophäe im Vereins-Handball gewinnen. „Die Mannschaft wird alles geben“, versprach Gislason. Im zweiten Halbfinale spielen Top-Favorit Paris St. Germain und KS Vive Kielce aus Polen.

„Jeder Handballer will den Pokal in den Händen halten“, sagte DHB-Kapitän Weinhold. Doch ein Mitwirken des Europameisters vier Wochen nach dem Bruch der rechten Hand ist unwahrscheinlich. „Es sieht schlecht bei ihm aus“, sagte Gislason. Weinhold hatte am Mittwoch das Training abbrechen müssen. „Das ging gar nicht“, berichtete Gislason. Und Manager Thorsten Storm ergänzte: „Das Risiko mit der operierten Hand ist zu groß.“ Dagegen steht Nationalmannschafts-Kollege Christian Dissinger nach einer überstandenen Oberschenkelblessur vor dem Comeback.

Dass die Kieler überhaupt zum sechsten Mal beim Endrunden-Turnier Final4 in Köln dabei sind, grenzt angesichts der durchwachsenen Saison und der fortlaufenden Verletztenmisere an ein Wunder. Denn der dreimalige Champions-League-Sieger hatte im Viertelfinale überraschend den Titelverteidiger FC Barcelona ausgeschaltet. „Es ist ein Erfolg, dass wir hier sind“, sagte Gislason, „wir sind nicht gerade die Favoriten.“

Dennoch trauen Experten dem deutschen Rekordmeister als Außenseiter einen Coup zu. „Sie haben eine realistische Chance, den Titel zu gewinnen“, sagte Martin Schwalb, der 2013 die Königsklassen mit dem HSV Hamburg gewonnen hat.

Der Anreiz für die Kieler ist nahezu unvergleichlich: Erstmals seit 2003 würden die Kieler ohne nennenswerten Titel bleiben, wenn sie den Pokal in Form eines ballwerfenden Arms nicht holen. In der Bundesliga hat das Team von Trainer Alfred Gislason den Kampf um den 21. Meistertitel bereits verloren und im DHB-Pokal war das Aus bereits im Viertelfinale gekommen. „Das ist ihre letzte Chance auf einen Titel in dieser Saison“, meinte Schwalb, der in Köln als Experte des übertragenden Bezahlsenders Sky dabei ist.

Mit Veszprem haben die Kieler zudem noch eine Rechnung offen. Im Vorjahr hatten sie das Halbfinale gegen die Ungarn mit 27:31 verloren. Von den bisher 13 Duellen hat der deutsche Rekordmeister sieben gewonnen, sechs Mal kassierte er eine Niederlage. Schwalb ist sich sicher: „Sie werden alles in die Waagschale werfen.“ Kiels Manager Thorsten Storm richtete eine klare Kampfansage an den Kontrahenten. „Wir sind hier, um das Halbfinale zu gewinnen“, meinte und verkündete mit Blick auf die sieben Niederlagen im laufenden Champions-League-Wettbewerb: „Es kommt keine mehr dazu.“

Noch immer haben die Kieler mit Personalsorgen zu kämpfen. Kreisläufer Rene Toft Hansen (Kreuzbandriss) und der nachverpflichtete Blazenko Lackovic (Handbruch und nicht spielberechtigt) stehen nicht zu Verfügung. Im Laufe der Saison musste der Club 13 Verletzungsausfälle verkraften.