Mit Rückenwind nach Österreich: Handballer schöpfen Mut
Gummersbach (dpa) - Nach großen Jubelgesten war Dagur Sigurdsson nicht zumute. Als die Schlusssirene zum souveränen 30:18 (19:8) der deutschen Handballer über Finnland ertönte, begnügte sich der neue Bundestrainer mit einem flüchtigen Lächeln und einem kurzen Applaus.
Ähnlich verhalten fiel die Freude seiner Spieler über den mühelosen Erfolg gegen den zweitklassigen Kontrahenten aus. Allen Beteiligten schwante, dass die eigentliche Standortbestimmung erst am Sonntag beim zweiten EM-Qualifikationsspiel in Österreich ansteht. „Das wird ein anderes Kaliber“, kommentierte Linksaußen Uwe Gensheimer.
Der Sieg bei der Pflichtspiel-Premiere des Heuberger-Nachfolgers Sigurdsson in Gummersbach taugte immerhin als Mutmacher. Zumindest in der ersten Halbzeit deutete das DHB-Team an, wie man vier Tage später in Wien bestehen kann. Die vom Coach zwischenzeitlich verordnete 5:1-Deckung erwies sich als passable Alternative zur altbekannten 6:0-Formation. Das bestärkte den Isländer in seinen Planungen: „Wir wollen ein paar Alternativen haben und nicht so leicht ausrechenbar sein.“
Die Probleme nach der Pause trübten jedoch den positiven Eindruck. Das stimmte Carsten Lichtlein bei aller Freude über den Auftaktsieg nachdenklich. „Auch wenn man hoch führt, darf man es nicht schleifen lassen.“ Weniger kritisch als der Gummersbacher Torhüter bewertete Trainer Sigurdsson den Leistungsabfall: „Es war meine Schuld. Wir haben viel gewechselt und probiert. Da war der Rhythmus ein bisschen weg.“
Zur Erleichterung des Handball-Lehrers, in Personalunion auch als Trainer beim Bundesligisten Füchse Berlin tätig, verschaffte sich das DHB-Team eine gute Ausgangsposition für die Reise zum vermeintlich ärgsten Widersacher im Kampf um den zweiten Gruppenplatz. Der würde den Weg zur EM-Endrunde Anfang 2016 in Polen ebnen. „Ein Sieg in Österreich wäre ein wichtiger Schritt“, sagte DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Als Gruppenfavorit gelten die Spanier, die Österreich mit 27:16 besiegten. Trotz dieser deutlichen Niederlage beim Weltmeister hält Sigurdsson große Stücke auf den kommenden Gegner: „Ich sehe die Österreicher absolut auf Augenhöhe mit uns. Sie sind in den vergangenen Jahren sehr stabil geworden.“
Kaum jemand kann das besser beurteilen als der Isländer. Als Coach der Österreicher legte er zwischen Februar 2008 und Juli 2010 die Grundlagen für den Aufstieg der lange Zeit zweitklassigen Mannschaft. „Das wird etwas Spezielles für mich“, sagte er voller Vorfreude auf das Wiedersehen mit vielen alten Bekannten. Das Duell mit seinem Gegenüber und Landsmann Patrekur Johannesson erhöht den Reiz der Partie: „Österreichs Nationaltrainer ist einer meiner besten Kumpels.“