Historische Reise Norwegens Erfolgsfaktor bei der WM: Trainer Berge
Albertville (dpa) - Wo bei der Handball-WM in Frankreich Norwegen draufsteht, ist ein bisschen Flensburg drin. Christian Berge ist der Trainer des Halbfinalisten, der mit seiner erfrischenden Spielweise Aufsehen erregt.
In der Bundesliga hat der Name des Norwegers Klang. Der 43-Jährige war von 1999 bis 2006 zentraler Rückraumspieler beim Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt. Jetzt ist der Aufschwung des norwegischen Männer-Handballs vor allem ein Verdienst des Coaches mit der außergewöhnlichen Lebensgeschichte.
Während seiner Zeit in Flensburg war bei dem ehemaligen Spielmacher Ende 2004 eine bösartige Krebserkrankung festgestellt worden. Nach einigen Bestrahlungen überraschte er bereits kurze Zeit später mit seinem Comeback, dem aber ein weiterer Rückschlag folgte: Erneut wurde einige Monate später bei ihm ein Tumor entdeckt.
Aber wieder kämpfte sich Berge zurück. Nach einer Chemotherapie stand er im Dezember 2005 wieder auf der Platte, an sein altes Niveau konnte er aufgrund der schwerwiegenden Behandlung aber nicht mehr anknüpfen. Wenig später beendete er seine aktive Karriere - und startete eine zweite als Trainer.
Das Erreichen des Halbfinals einer WM ist sein bisher größter Erfolg als Trainer. „Die Jungs machen es mir aber auch nicht schwer, sie sind so hungrig“, sagte Berge nach dem Erfolg über die Ungarn. „Es macht einfach nur Spaß mit ihnen, und jetzt bin ich sehr glücklich.“ Im Halbfinale sei nun alles möglich, sagte Magdeburgs Bundesliga-Profi Espen Lie Hansen.
Dort treffen die Skandinavier am Freitag (20.45 Uhr) auf Kroatien. Die außergewöhnlichen Erfolge Berges sind auch in Deutschland nicht unbemerkt geblieben. Im Falle eines Abgangs des umworbenen Ljubomir Vranjes gilt er als Wunschkandidat für den Trainerposten seines Ex-Clubs in Flensburg. Vranjes, so wird gemunkelt, gehe am Saisonende nach Ungarn zu Telekom Veszprem, Champions-League-Finalist der vergangenen beiden Jahre.
„Nach der WM setzen wir uns mit Ljubo zusammen und bereden alles. Das Wohl der SG geht über alles“, sagte Geschäftsführer Dierk Schmäschke, der sich zu Berges möglichem Engagement in Flensburg nicht äußern wollte. Lobende Worte für dessen grandiose Aufbauarbeit in Norwegen hatte er jedoch übrig: „Er macht einen guten Job. Und das schon bei der letzten EM.“
Mit Ausnahme der verpassten WM-Qualifikation war die Entwicklung des Teams unter Berges Regie in den vergangenen Jahren tatsächlich steil bergauf gegangen. Bei der EM 2016 waren der Coach und seine Mannschaft in einem Halbfinal-Krimi nur haarscharf mit 33:34 nach Verlängerung am späteren Europameister Deutschland gescheitert. „Meine Mannschaft ist jung und talentiert - ich denke, dass wir eine gute Zukunft vor uns haben“, hatte Berge nach dem knappen Aus gegen die DHB-Auswahl gesagt. Er sollte Recht behalten.