Pokal-Reform: Handballer testen Turnier-Modus
Leipzig (dpa) - Der Titelverteidiger spielt in Emsdetten, der Mit-Finalist in Hagen und der Rekordsieger in Essen: Angeführt von der SG Flensburg-Handewitt, dem SC Magdeburg und dem THW Kiel startet der deutsche Männer-Handball an diesem Wochenende in eine neue DHB-Pokal-Ära.
Eine Woche vor Beginn der Bundesliga wird die erste Runde erstmals in Turnier-Form mit zwei Halbfinals und einem Endspiel ausgetragen. „Ab dieser Saison unterscheiden wir zwischen DHB-Pokal und dem Pokalwettbewerb der Amateure. Wir erwarten dadurch mehr Spannung ab Runde eins“, erklärte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL.
Zwei Jahre nach dem Beschluss der Pokalreform erlebt das neue Spielmodell nun seine Feuertaufe - und kommt zugleich auf den Prüfstand. In 16 Turnieren spielen 64 Teams um den Einzug ins Achtelfinale. Gastgeber sind im Idealfall Zweitligisten, weil diese durch die Erfüllung der Lizenzbedingungen über die geeigneten Hallen verfügen. Die 64 Mannschaften setzen sich aus 38 Clubs der 1. und 2. Bundesliga, 24 Drittligisten sowie den Finalisten des Amateur-Pokals zusammen. Die jeweiligen Turniersieger kommen weiter.
Hintergrund der Reform war der Wunsch der Bundesligisten nach weniger Belastung. Gleichzeitig sollten aber auch die unterklassigen Teams gegen die Top-Clubs spielen können. „Für die Profis fällt unter dem Strich eine Pokal-Runde weg, wir erreichen so eine Entlastung in der Spitze“, kommentierte Bohmann den von einer Arbeitsgruppe aus Deutschem Handballbund (DHB), der Bundesliga und den Landesverbänden ausgehandelten Kompromiss.
Tatsächlich aber haben die Champions-League- und Europacup-Starter ein Spiel mehr, nachdem sie in den vergangenen beiden Spielzeiten für die zweite Runde gesetzt waren. Daher sind nun sechs Spiele statt zuvor fünf bis zum DHB-Pokalsieg nötig, weil Runde 1 aus zwei Partien besteht. Gewonnen wurde nur ein entschlackter Kalender, weil zwischen Dezember und Final Four in Hamburg keine Pokalspiele anfallen.
„Wenn es gut läuft, hat man nicht eine Runde weniger, aber einen Spieltag“, sagte Magdeburgs Trainer Geir Sveinsson und stöhnte: „Die Belastung bis Weihnachten ist trotzdem riesig.“ Lars Lamade, Manager der Rhein-Neckar Löwen, stieß ins gleiche Horn. „Schon in der Champions League kommen mehr Spiele auf uns zu, jetzt auch noch im Pokalwettbewerb. Und das, wo wir seit Jahren versuchen, den Kalender für unsere Spitzenspieler zu entzerren“, sagte er kürzlich dem „Mannheimer Morgen“.
Marc-Henrik Schmedt, Geschäftsführer des Vorjahresfinalisten und Vizepräsident der Liga, steht dem neuen Modus dagegen aufgeschlossen gegenüber. „Ich finde es gut, wenn man sich neuen Dingen stellt. Es ist auf jeden Fall mal einen Versuch wert“, sagte er, plädierte aber für Turniere mehr unter regionalen Gesichtspunkten: „Ich wäre ein Freund davon gewesen, dass man diese Turniere in der jeweiligen Region macht.“
Kritik gibt es nicht nur an den teils langen Fahrten einiger Teams, deren Aufwand dafür mit einem Euro pro Kilometer entschädigt wird, sondern auch an sportlichen Aspekten. Die unterklassigen Vereine befürchten, dass aus den Turnieren nur die Bundesliga-Clubs ins Achtelfinale einziehen.