Trainer tippen: Flensburg-Handewitt besteigt den Thron
Hamburg (dpa) - Die Zeiten der Alleinherrschaft in der Handball-Bundesliga sind vorbei. Früher hieß es: Es kann nur einen geben, nämlich den THW Kiel. Heute ist das anders.
Die Rhein-Neckar Löwen gehen als Titelverteidiger in die 51. Handball-Saison und haben mit dem erstmaligen Gewinn der Schale erfrischende Abwechslung in das Meisterrennen gebracht. Aber nicht die Mannheimer sind Favorit auf den Titel in der neuen Saison, die am Freitag beginnt. Auch nicht Dauersieger Kiel. Für die meisten der Bundesligisten ist die SG Flensburg-Handewitt der Top-Kandidat auf den Titelgewinn.
In einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur erwarten zehn der 18 Bundesliga-Trainer die SG Flensburg-Handewitt als neuen Meister. Sechs Handball-Lehrer nennen salomonisch das letztjährige Top-Trio Rhein-Neckar Löwen, Flensburg und THW Kiel als Anwärterkreis. Robert Andersson vom HC Erlangen erweitert das Trio um den letztjährigen Vierten MT Melsungen. Anders der VfL Gummersbach. Trainer Emir Kurtagic tippt auf den THW: „Die Kieler sind nach der titellosen Saison richtig heiß.“ Ganz aus der Reihe fällt Balingen-Weilstetten. Trainer Rúnar Sigtryggsson tippt auf die Füchse Berlin.
Warum setzen die meisten auf Flensburg? „Die haben den ausgeglichensten Kader“, meint Magdeburgs Trainer Bennet Wiegert. Göppingens Magnus Andersson sieht die Mannschaft aus dem hohen Norden vorn, „weil sie einen richtig guten Kader hat, keine Neuzugänge integrieren muss und die beste Mannschaft stellt“. Eine einfache Begründung liefert Melsungens Trainer Michael Roth: „Sie wären einfach mal dran.“
In der Tat ist der einzige Titelgewinn der Norddeutschen von der dänischen Grenze zwölf Jahre her. Es folgten seit dem Jubeljahr 2004 sechs zweite und vier dritte Plätze sowie die Ränge fünf und sechs. Konstanter war im Windschatten der dominierenden Kieler keiner. Flensburgs Trainer Ljubomir Vranjes verweist zwar auf die höheren Etats in Kiel und Mannheim. „Aber wenn wir unsere Spieler betrachten, haben wir die Qualität, Meister zu werden“, sagt der Schwede.
Mit 17 Titeln in 23 Spieljahren hat der THW die Liga in der Vergangenheit erdrückend beherrscht, stärker noch, als das Bayern München im Fußball gelang. Seitdem auch der THW haushalten muss und nicht reihenweise Weltstars an Land ziehen kann, hat die Konkurrenz aufgeholt. Die vergangene Saison war für die „Zebras“ besonders bitter: Das erste titellose Jahr in drei Wettbewerben seit 2003 soll ein Ausrutscher gewesen sein.
Titelverteidiger Rhein-Neckar Löwen muss zeigen, dass er den Abgang von Nationalspieler Uwe Gensheimer (Paris Saint-Germain) verkraftet hat. „Wir wollen in der Bundesliga ganz oben dabei sein“, sagt Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen und prophezeit eine größeres Getümmel im Rennen um die Schale als je zuvor.
Frank Bohmann, Geschäftsführer des Liga-Verbandes HBL, benennt einen Kandidatenkreis. „Vorne werden am Ende wieder die drei Mannschaften sein, die es in der vergangenen Saison waren“, sagt Bohmann. „Aber auch Magdeburg, Melsungen, Berlin und Göppingen haben aufgeholt. Es wird auf jeden Fall spannend.“
Spannung ist genau das, was die wohl stärkste Liga der Welt auszeichnet. Hinzu kommt: Mit dem Europameistertitel und der olympischen Bronzemedaille im Rücken hat der nationale Handball in der Fanresonanz wieder angezogen.