Handball-EM Ein Weltenbummler und ein Gladbach-Fan
DÜSSELDORF · Janko Bozovic und Kentin Mahé zeigen mit Österreich und Frankreich überragende und überraschende Leistungen. Beide haben in der Region gespielt - beim VfL Gummersbach und beim TSV Bayer Dormagen.
Mit den ersten drei Partien der Hauptrunden-Gruppe I ist die Handball-Europameisterschaft 2024 am Donnerstag wieder nach Nordrhein-Westfalen zurückgekehrt. Bis einschließlich Mittwoch werden in Köln zwei der vier Teilnehmer für das Halbfinale am Freitag ermittelt, das ebenso wie das Endspiel am Sonntag in der Arena am Deutzer Bahnhof stattfindet. Während mit Spanien der Titelträger von 2018 und 2020 als einer der Favoriten auf den goldenen Teller in der Vorrunde sensationell an Österreich gescheitert ist, wird es in der Domstadt ein Wiedersehen mit Gesichtern geben, die den Handball-Fans aus NRW noch bestens vertraut sein dürften.
Einem von ihnen könnten sie in der Heimat demnächst ein Denkmal errichten. Janko Bozovic war es, der am Dienstag in Mannheim neun Sekunden vor der Schlusssirene mit seinem Treffer zum 33:33 für die größte Sensation im Männer-Handball seit vielen Jahren sorgte. Seit 2014 hatte Spanien bei EM-Turnieren fünfmal in Folge stets eine Medaille gewonnen, nun setzte ausgerechnet Außenseiter Österreich dieser Serie ein abruptes Ende. „Ich bin stolz auf alle, natürlich auch auf mich wegen dieses Treffers. Jetzt wollen wir in der Hauptrunde ebenfalls noch ein paar Punkte holen“, sagte Bozovic.
Von 2019 bis 2022 trug Bozovic das Trikot des VfL Gummersbach, am Samstag (Anwurf 20.30 Uhr, ARD live) trifft er beim Spiel gegen Gastgeber Deutschland auf seinen damaligen Vereinskameraden Julian Köster. „Wir sind 2022 gemeinsam aufgestiegen. Janko ist ein echt guter Typ und ein sehr erfahrener Handball-Profi. Er weiß ganz genau, was er auf der ,Platte‘ macht. Es freut mich für ihn, dass er dieses wichtige Tor geworfen hat. So können wir uns in Köln wiedersehen“, sagte Rückraumspieler Köster nach der Partie der deutschen Mannschaft gegen Frankreich in Berlin zu unserer Zeitung.
Wegen Bozovics Treffer kommt nun auch Viktor Szilagyi nach Köln. „Das hatte ich nach meinen Reisen nach Düsseldorf, Mannheim, Berlin und München eigentlich nicht mehr geplant“, sagte der Sport-Geschäftsführer des THW Kiel. Von Juli 2016 bis Dezember 2017 war Szilagyi sportlicher Leiter des Bergischen HC, auch viele Teile seiner Spieler-Karriere verbrachte er in NRW. So trug der heute 45 Jahre alte Österreicher das Trikot des TSV Bayer Dormagen (2000/01), von TuSEM Essen (2001 bis 2005), des VfL Gummersbach (2008 bis 2010) sowie des BHC (2012 bis 2015).
Für den in Budapest geborenen, im frühen Kindesalter mit den Eltern nach St. Pölten übergesiedelten sowie seit mehr als 23 Jahren in Deutschland arbeitenden Szilagyi sind die jetzt anstehenden Spiele von Österreich gegen Ungarn und Deutschland naturgemäß ganz besondere Partien. „Ich fühle mich natürlich zu Österreich hingezogen, aber gegen diese beiden Länder ist es wirklich nicht einfach für mich“, meinte Szilagyi gegenüber der WZ. Doch mit dem inzwischen 38-jährigen Bozovic hat er halt fast ein Jahrzehnt lang gemeinsam im Nationalteam gespielt, von daher wünscht er dem Ex-Gummersbacher Erfolg. „Janko bewegt sich immer zwischen Genie und Wahnsinn. Er ist ein Weltenbummler, hat bei 14 Vereinen gespielt und das stand einer ganz großen Karriere vielleicht im Wege. Dabei hat er alle Voraussetzungen dazu. Er ist über zwei Meter groß, Linkshänder sowie ein Typ, der aus dem Nichts Tore machen kann. Deshalb steht er auch in seinem Alter immer noch zurecht in der Nationalmannschaft.“
Olympiasieger Mahé ist sich mit einem Verein aus NRW einig
Das trifft auch auf Kentin Mahé zu. Der Franzose ist allerdings sechs Jahre jünger, seine Vita dafür umso beeindruckender. Zweimaliger Weltmeister, Europameister und Olympiasieger mit der Equipe Tricolore. Dazu ungarischer Meister mit Telekom Veszprem sowie 2018 deutscher Meister mit der SG Flensburg-Handewitt. Den Anfang nahm diese große Karriere in unserer Region. Von 2000 bis 2008 wurde Mahé in der Jugend des TSV Bayer Dormagen ausgebildet, spielte dort bis 2011 auch in der Bundesliga sowie danach bis 2013 für den VfL Gummersbach.
„Für mich ist Köln und seine Umgebung durchaus wie eine Heimat, das kann ich schon so sagen“, meinte Mahé und erklärte: „Ich habe in Dormagen nahezu meine ganze Jugend verbracht, meine Frau stammt aus Korschenbroich und mein Sohn wurde in Neuss geboren.“ Zwischen Rheinland und Niederrhein – da darf bei einem Sportler die Frage nach einem Lieblingsverein im Fußball nicht fehlen. „In meiner Familie halten alle zu Borussia Mönchengladbach“, verriet Mahé. Noch spielt der gebürtige Pariser in Veszprem, doch auch dort erreichte ihn die Nachricht der finanziellen Probleme von Dormagen. „Ich habe sofort gespendet und auch ein Hilfspaket gekauft. Hoffentlich hat dieser kleine Baustein dem Verein ein wenig geholfen.“ Etwas mehr hat der Bergische HC geholfen, dennoch wird Mahé im Sommer wohl zum VfL Gummersbach wechseln. „Ich bin mir mit einem der Clubs einig“, sagte Mahé. Mit welchem, verriet er der WZ leider nicht.