Woltering: Gegen die Freundinnen aus Montenegro
Novi Sad (dpa) - Eine gegen alle: Wenn die deutschen Handballerinnen bei der EM auf Montenegro treffen, steht vor allem Torhüterin Clara Woltering im Mittelpunkt. Sie trifft auf ihren Trainer sowie zwölf Mitspielerinnen ihres montenegrinischen Vereins Buducnost Podgorica.
Aus besten Freundinnen werden innerhalb von nur 24 Stunden harte Konkurrentinnen. Am Montagnachmittag trank Deutschlands Handball-Nationaltorhüterin Woltering im Mannschaftshotel noch gemeinsam Kaffee und scherzte mit ihren zwölf Teamkolleginnen vom montenegrinischen Meister Buducnost Podgorica.
Doch im zweiten EM-Hauptrundenspiel am Dienstagabend will sie ihren Freundinnen den Abend verderben. „Das ist natürlich etwas ganz Besonderes, aber für 60 Minuten gilt es für mich, mit Deutschland zu gewinnen. Und danach drücke ich natürlich Montenegro die Daumen, damit es mit einer Medaille klappt“, sagt Woltering.
Im Juni 2011 war die 29-Jährige von Bayer Leverkusen nach Podgorica gewechselt, hatte im Mai 2012 mit dem Team vom Balkan den Champions-League-Titel gewonnen, war eine der Heldinnen in den Finalspielen gegen die Ungarinnen aus Györ.
„Clara ist bei uns zu internationaler Klasse gereift, sie hat sich sensationell entwickelt“, sagt Vlatko Djonovic, Wolterings Torwarttrainer bei Buducnost und in gleicher Funktion bei der montenegrinischen Nationalmannschaft: „Und sie weiß natürlich alles über unsere Mannschaft.“
Dieses Wissen will sich auch Bundestrainer Heine Jensen zu eigen machen: „Natürlich wird Clara intensiv in die Spielvorbereitung eingebunden. Wenn sie nicht selber im Tor steht, kann sie wichtige Tipps für Katja Schülke über die Würfe des Gegners geben“, sagt der Däne. Er hat sich in der Torwartfrage noch nicht entschieden. Schülke spielt bislang ein herausragendes Turnier, Woltering sicherte mit ihrer Parade mit dem Schlusspfiff das 26:26-Remis gegen Russland, nachdem Deutschland zwischenzeitlich schon mit 23:17 in Führung lag.
Ein Remis reicht Montenegro schon fürs Weiterkommen ins Halbfinale. „Ich weiß nicht, ob es ein Vorteil ist, dass sie mich alle kennen oder dass ich sie alle kenne. Ich weiß nur, dass wir alle 120 Prozent geben müssen, um gegen den Olympia-Zweiten zu punkten“, sagt Woltering, die im Sommer nach London gereist war, um „ihre“ Mannschaft von der Tribüne anzufeuern. „Das war schon seltsam, dass sie auf dem Feld standen, und ich nicht.“
Nach dem Champions-League-Erfolg haben einige Topstars aufgehört oder sind zu anderen Clubs gewechselt, so wurde Woltering im Sommer auch Kapitän von Buducnost - als erste ausländische Spielerin überhaupt. Insgesamt trifft die Münsterländerin auf zwölf aktuelle oder ehemalige Mannschaftskameradinnen sowie ihren Vereinstrainer Dragan Adzic, der auch Nationaltrainer ist. „Das ist auch für uns alle ein seltsames Gefühl, in Claras Richtung zu werfen“, berichtet Katarina Bulatovic, die bei Olympia Torschützenkönigin war und mit derzeit 30 Treffern auch die EM-Torjägerliste anführt.