Hoeneß grummelt: „Letzter Warnschuss“
Leverkusen (dpa) - Die sportliche Ausgangslage ist eigentlich zufriedenstellend, die Stimmung dennoch angespannt. Vor dem Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Bayer Leverkusen und Bayern München grummelt es in beiden Lagern.
Beim Dritten aus Leverkusen sorgt eine angebliche „Pärchen-Krise“ für Schlagzeilen, in München wird über einen Spannungsabfall des Teams debattiert. Nach dem irritierenden, aber folgenlosen 0:2 gegen den FC Arsenal in der Champions League forderte Bayern-Präsident Uli Hoeneß von den Profis eine Rückkehr zu alten Tugenden: „Das war der letzte Warnschuss.“
Mit seiner Schelte, dass die Mannschaft „seit drei Wochen schönen Dreck“ zusammenspielt, will Hoeneß den Trend stoppen. Seit dem famosen Auftritt im Viertelfinale des DFB-Pokals vor zweieinhalb Wochen gegen den Erzrivalen Dortmund, tut der Rekordmeister nicht mehr als nötig. Das knappe 1:0 in Hoffenheim, der glückliche Erfolg gegen Düsseldorf (3:2) und die Schlappe gegen den FC Arsenal geben Hoeneß zu denken. Dessen scharfe Kritik kommentierte Heynckes mit Verständnis: „Der Präsident hat das Recht, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Wir sind über Wochen und Monate auch überdimensional gelobt worden.“
Der 67-Jährige wählte aber auch feine Zwischentöne. So erinnerte er an den genauen Zeitpunkt des Pokalsiegs gegen Borussia Dortmund. „Vor ZWEI WOCHEN betone ich, haben wir gegen Dortmund vielleicht unser bestes Saisonspiel gemacht“, sagte Heynckes, nachdem Hoeneß einen Abwärtstrend von drei Wochen angesprochen hatte.
Sei's drum. Ganz rund läuft es beim designierten deutschen Meister nicht mehr. Und Sportvorstand Sammer kündigte vielsagend an, dass es von ihm „jetzt wenig zu sagen“ gebe, aber dafür vielleicht nach dem Leverkusen-Spiel. Beim Tabellendritten sollen die Bayern wieder funktionieren. „Ich denke, wir sind in der Lage, den Hebel umzulegen“, sagte Heynckes. Auch er habe bei der internen Aufarbeitung des Arsenal-Spiels „sehr, sehr deutlich die Dinge angesprochen“, berichtete der ehemalige Leverkusen-Coach.
Ein Sieg über den Gegner, der dem FC Bayern die bisher einzige Saisonniederlage in der Bundesliga beibrachte, könnte die bösen Geister vertreiben und für eine weitere Bestmarke sorgen. Nie zuvor gewann ein Team zwölf Auswärtsspiele binnen einer Saison. Dessen ungeachtet lässt Trainer Jupp Heynckes, der auf den verletzten Franck Ribéry verzichten muss, groß rotieren. Die Stammkräfte Philipp Lahm, Thomas Müller und Mario Mandzukic werden geschont. „Ich werde ihnen eine Pause gönnen“, verriet der Coach.
Noch größer war der Ärger in Leverkusen. Reißerische Schlagzeilen über eine Krise in der Zusammenarbeit zwischen Trainer Sascha Lewandowski und Teamchef Sami Hyypiä erzürnten die Chefetage. „Ich bin schon verärgert, da es eine Diskussion ohne Grundlage ist“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser der Nachrichtenagentur dpa. Energisch dementierten Hyypiä und der Verein Spekulationen, wonach der Finne die alleinige Verantwortung anstrebt.
Diese Diskussion lenkte von den sportlichen Problemen ab. Zwar rangiert Bayer mit sechs Punkten Vorsprung auf den Tabellenvierten FC Schalke auf einem Champions-League-Platz, hat aber nur zwei der vergangenen sieben Spiele gewonnen. Das brachte Leverkusen um die Chance, den in der Bundesliga zuletzt ebenfalls schwächelnden und nur einen Punkt besseren deutschen Meister aus Dortmund vom Rang zu verdrängen. Dennoch wagte Holzhäuser eine Kampfansage: „Wir schnappen uns Dortmund noch.“
Das Hinspiel gegen die Bayern macht Mut. Nach einem Treffer von Stefan Kießling und einem Eigentor von Jerome Boateng war die erste und bisher letzte Saison-Niederlage der Münchner besiegelt. „Die Bayern kommen und wissen, dass sie nicht automatisch drei Punkte mitnehmen können. Wir werden ihnen das so schwer wie möglich machen. Vielleicht haben sie ja noch einen holprigen Tag“, sagte Holzhäuser mit Bezug auf den Coup vom 28. Oktober.
Für die Münchner könnte sich Geschichte wiederholen. In der Saison 86/87 wurden sie als bisher einziges Team mit nur einer Saisonniederlage Meister. Auch damals gab es eine Schlappe gegen Leverkusen - vor heimischer Kulisse. Das Rückspiel bei der Elf von Trainer Erich Ribbeck ging torlos zu Ende.