Paralympics IPC-Präsident verteidigt Lisowa-Start - Bach bei Eröffnung
Pyeongchang (dpa) - Kurz vor dem Start der Paralympics in Pyeongchang bestimmen die gleichen Themen die Diskussionen wie bei Olympia.
Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur äußert sich der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) Andrew Parsons über die umstrittene russische Sportlerin Michalina Lisowa, die Chancen des Sports bei der Annäherung von Nord- und Südkorea und sein Verhältnis zum Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) Thomas Bach.
Am Freitag beginnen Ihre ersten Paralympics als IPC-Präsident. Steigt die Vorfreude?
Andrew Parsons: Ich bin sehr aufgeregt. Für mich ist es ein sehr spezieller Moment, das erste Mal als Präsident bei den Paralympics zu sein und bei der Eröffnungsfeier die Rede zu halten. Wegen der großen Zahl der Athleten, Nationen und Medien ist es noch aufregender. Und jetzt haben wir auch noch Schnee. Da kommt richtiges Winterspiele-Feeling auf.
Sind die Paralympics dieses Jahr so etwas wie die Olympia-Fortsetzung? Schließlich sind die übergreifenden Themen mit der Annäherung zwischen Nord- und Südkorea und den Diskussionen um die Starterlaubnis einiger russischer Athleten die gleichen.
Parsons: Wir haben viele gleiche Themen, das ist richtig. Aber wir haben unsere eigenen Spiele. Unsere Athleten sind einzigartig.
Wie bei den Olympischen Winterspielen sind auch bei den Paralympics nordkoreanische Athleten dabei. Welche Rolle kann der Sport bei der Verständigung zwischen Nord- und Südkorea spielen?
Parsons: Sport kann Menschen auf verschiedenen Ebenen zusammenbringen. Genauso war es bei Olympia. Zwischen Süd- und Nordkorea finden Verhandlungen statt und ich denke, dass die Teilnahme an Olympia und den Paralympics in diesem Prozess hilft.
Was sagen Sie dazu, dass Nord- und Südkorea nicht wie bei Olympia bei der Eröffnungsfeier gemeinsam ins Stadion einlaufen?
Parsons: Obwohl wir enttäuscht sind, respektieren wir die Entscheidung der beiden Nationalen Paralympischen Komitees, die sich dafür entschieden haben, dass getrennt einzulaufen für beide Seiten besser wäre.
Die Starterlaubnis für die blinde russische Biathletin und Langläuferin Michalina Lisowa hat zuletzt für Unmut gesorgt. Der Deutsche Behindertensportverband schrieb, dass sie im McLaren-Report auftaucht, der das russische Dopingsystem beleuchtet. Was sagen Sie dazu?
Parsons: Dieser Report ist nicht öffentlich. Es gibt verschiedene Listen. Es gibt Diskussionen, ob sie im McLaren-Report steht oder nicht. Sie steht nicht im öffentlich zugänglichen Bereich. Wir haben ein sehr striktes Verfahren für die Zulassung von Athleten. Sie hat alle Kriterien erfüllt und deshalb ist sie hier dabei. Wir glauben, dass sie sauber ist.
Wie waren die Reaktionen auf die Entscheidung des IPC, ähnlich wie das Internationale Olympische Komitee russische Athleten starten zu lassen?
Parsons: Die Mehrheit hat die Entscheidung unterstützt. Es gab natürlich auch einige Kritiker wie den Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbands, Friedhelm Julius Beucher. Er war sehr klar dagegen und das ist auch sein Recht. Wir sind eine demokratische Bewegung. Er hatte seine Bedenken. Ich habe eine andere Sicht auf die Dinge und das IPC-Board auch.
Im Gegensatz zu Olympia, wo die neutralen Athleten als „Olympische Athleten aus Russland“ (OAR) starteten, werden sie bei den Paralympics als „Neutrale Paralympische Athleten“ (NPA) geführt. Wieso?
Parsons: Das Nationale Paralympische Komitee Russlands (RPC) ist ausgeschlossen. Deshalb gibt es gemäß unserer Regeln weder den Namen „Russland“, noch russische Symbole, russische Flaggen oder die russische Hymne bei den Paralympics.
Wie ist Ihr Verhältnis zu IOC-Präsident Thomas Bach?
Parsons: Ich kann nicht behaupten, dass wir ein sehr enges Verhältnis haben, schließlich bin ich noch sehr neu im Amt. Nach meiner Wahl vor sechs Monaten haben er und das gesamte IOC mich sehr herzlich willkommen geheißen. Wir haben ein sehr, sehr gutes und offenes Arbeits-Verhältnis, das sich absolut in die richtige Richtung entwickelt. Derzeit führen wir gute Verhandlungen mit dem IOC über eine langjährige Partnerschaft.
Wird er zur Eröffnungsfeier kommen?
Parsons: Ja, er wird da sein. Und ich denke, er wird Spaß haben.
Betrachten Sie dies als Zeichen? 2016 in Rio de Janeiro war Bach nicht da.
Parsons: Damals fehlte er wegen einer Beerdigung (die des früheren Bundespräsidenten Walter Scheel). Für mich zählt nur, dass er hier ist, dass wir die Eröffnungsfeier zusammen erleben und am Samstag noch einmal zusammensitzen werden.
Zur Person: Der Brasilianer Andrew Parsons wurde am 10. Februar 1977 in Rio de Janeiro geboren. Der 41-Jährige löste Sir Philip Craven als Präsident des IPC ab und füllt das Amt seit September 2017 aus. Zuvor war er seit 2013 Vizepräsident gewesen. Parsons ist erst der dritte Präsident in der 28-jährigen Geschichte des IPC.