Tischtennis Team-WM Jetzt oder nie? Boll und Co. fordern China heraus

Halmstad (dpa) - In Peking oder Shanghai können sie das immer noch nicht richtig glauben. An diesem Sonntag beginnt in Schweden eine Mannschafts-WM im Tischtennis.

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Und an Nummer eins gesetzt ist bei den Männern das deutsche Team - und nicht die bei den vergangenen neun Weltmeisterschaften jedesmal siegreiche Tischtennis-Großmacht China.

Die Deutschen stiegen mit dem wohl besten Aufgebot ihrer WM-Historie in das Flugzeug nach Halmstad. Mit dabei waren der Weltranglisten-Zweite Timo Boll, der Weltranglisten-Dritte Dimitrij Ovtcharov und noch drei weitere Spieler, die zu den Top 25 der Welt gehören: Ruwen Filus vom TTC Fulda, Bastian Steger von Werder Bremen und Patrick Franziska vom 1. FC Saarbrücken.

Jetzt oder nie, sagen viele Beobachter. Wenn die Mannschaft von Bundestrainer Jörg Roßkopf die jahrelang schier unbesiegbaren Chinesen nicht einmal in dieser Besetzung herausfordern kann, dann womöglich nie mehr. Sportdirektor Richard Prause sieht die Sache jedoch differenzierter. „Wir haben in den letzten Monaten ein paar Ausrufezeichen gesetzt, die gefühlt so schwer zu schlagenden Chinesen ein paar Mal geärgert und fliegen mit breiter Brust zur WM“, sagte er. „Aber wir gehen die Sache schrittweise an: Erst einmal die Gruppenphase überstehen, dann die K.o.-Runde spielen.“

Prauses Zurückhaltung hat vor allem einen Grund: die Verletzung von Dimitrij Ovtcharov. Noch in der zweiten Jahreshälfte 2017 war der 29-Jährige vom Champions-League-Sieger Fakel Orenburg der herausragende Spieler dieses Planeten, der den Chinesen nacheinander den Titel beim World Cup, bei den China Open und sogar die Spitzenposition in der Weltrangliste entriss. Doch den Preis für diesen Kraftakt zahlte er dann in den ersten Monaten dieses Jahres, als er sich am Schenkelhals verletzte, eine mehrwöchige Pause einlegen musste und sich erst Mitte April und damit gerade noch rechtzeitig zu dieser WM wieder einsatzfähig meldete.

„Mein erstes Ziel ist, dass ich am Sonntag das Gefühl habe, schmerzfrei und voller Überzeugung in den Wettkampf gehen zu können. Wenn das gegeben ist, glaube ich, dass viel möglich ist“, sagte Ovtcharov der Deutschen Presse-Agentur. „Aber wir müssen uns nichts vormachen. Hätte die WM im November begonnen, hätte ich gesagt: Wir haben alle Chancen. Doch jetzt sind unsere Chancen kleiner geworden.“

Jeder weiß: Die Deutschen brauchen Ovtcharov und Boll in Bestform, um die Chinesen mit dem neuen Weltranglisten-Ersten Fan Zhendong und dem Einzel-Weltmeister Ma Long schlagen zu können. Ist das nicht gegeben, wird nicht einmal die Vorrunde mit dem Auftaktgegner Ägypten (Sonntag, 13.00 Uhr) sowie den weiteren Kontrahenten Rumänien, Schweden, Hongkong und Slowenien zum Spaziergang. Die ersten drei Mannschaften erreichen die K.o.-Runde, der Gruppensieger sogar direkt das Viertelfinale.

„Die Gruppe ist gefährlich“, sagte auch Boll. „Wir sollten jeden Gegner ernst nehmen. Gerade wenn man an Nummer eins gesetzt ist. Da ist die Gefahr groß, dass man irgendjemanden unterschätzt.“

Bei den deutschen Frauen ist es genau umgekehrt: Da könnte es den Olympia-Zweiten von 2016 zum Vorteil werden, dass sie diesmal nicht jeder richtig ernst nimmt. Die beiden gebürtigen Chinesinnen Han Ying und Shan Xiaona sind bei der WM nicht spielberichtigt. Alle anderen Spielerinnen hatten keine optimale Vorbereitung. Kristin Lang wurde erst im Januar Mutter, auch Petrissa Solja legte in dieser Zeit eine monatelange Pause ein. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht gegen Luxemburg oder Thailand verlieren. Aber wenn wir gut drauf sind, können wir auch Südkorea und Hongkong schlagen“, sagte Solja.