Kanuten holen viermal EM-Gold in olympischen Klassen
Racice (dpa) - Neun Monate nach dem WM-Debakel von Moskau haben sich die deutschen Kanuten mit famosen Siegesfahrten in der Weltspitze zurückgemeldet.
Ein Mini-Team um die Olympiasieger Sebastian Brendel und Franziska Weber heimste bei der EM im tschechischen Racice in den olympischen Klassen sechs Plaketten ein, davon viermal Gold. Enttäuschungen gab's kaum. „Das war ein Superstart ins Wettkampfjahr nach der Schmach von Moskau, die alle noch ein bisschen mit im Kopf hatten“, erkannte Verbandspräsident Thomas Konietzko und stellte zufrieden fest: „Wir sind wieder ganz vorne dabei!“
Vorzeige-Kanute Brendel im Canadier-Einer, Max Hoff im Kajak-Einer sowie Max Rendschmidt/Marcus Groß im Kajak-Zweier sorgten mit ihren 1000-Meter-Siegen schon am Samstag für eine gelöste Stimmung im Lager des Deutschen Kanu-Verbandes. Erneut EM-Gold gab's für Ronald Rauhe und Tom Liebscher im 200-Meter-K2. Yul Oeltze und Ronald Verch gewannen Bronze im Canadier-Zweier über 1000 Meter. Die im vergangenen Jahr etwas schwächelnde Zweier-Olympiasiegerin Weber heimste im Kajak-Einer neben Gold in der nicht-olympischen 1000-Meter-Klasse auch Silber über die wichtigeren 500 Meter ein. „Ich bin unheimlich erleichtert“, verkündete die Potsdamerin.
Disziplinübergreifend durften die Kanuten gar elf Medaillen bejubeln, darunter sieben Goldplaketten. Konietzko wertete die Top-Resultate gegen die nicht komplett in Bestbesetzung angetretene Konkurrenz als „Bestätigung für uns, dass wir die richtigen Lehren aus dem Vorjahr gezogen haben“. Nach der historisch schlechten WM-Ausbeute von nur drei Medaillen mit einmal Gold über die olympischen Strecken baute der Verband sein Trainerteam um und erhöhte die Trainingsumfänge. „Die Ausgangsposition passt. Jetzt heißt es bis Mailand weiterarbeiten“, sagte Konietzko. Beim Jahreshöhepunkt im August geht's neben Titeln auch um die begehrten Olympia-Quotenplätze.
Achtsamkeit ist angebracht, zumal den EM-Läufen international schon im Vorfeld keine große sportliche Bedeutung beigemessen worden ist. Die erstmalige Austragung der Europaspiele im Juni hat den Terminkalender der Paddler gehörig durcheinandergewirbelt, nur deshalb sind die Racice-Rennen an den Anfang der Saison gerückt. Weil der Deutsche Kanu-Verband bisher nicht mal seine zweite nationale Rennsport-Qualifikation ausgefahren hat, schickte er nur seine zehn Besten des vergangenen Jahres nach Tschechien. Die in Mailand für die Quotenplätze enorm wertvollen Kajak-Vierer blieben ebenso unbesetzt wie drei weitere von insgesamt nur zwölf olympischen Disziplinen.
Teil dieses „bärenstarken“ Teams, wie Konietzko es ausdrückte, war auch Tom Liebscher, der noch vor dem gemeinsamen K2-Sieg mit Rauhe im Einer über die nicht-olympischen 500 Meter zu Silber gepaddelt war. Rendschmidt und Groß ließen ihrem 1000-Meter-Titel am Sonntag noch Gold über die Hälfte der Strecke folgen. „Doppeleuropameister zu werden, besser ging es hier nicht!“, schwärmte Rendschmidt.
Besonders eindrucksvoll war einmal mehr die Vorstellung von Canadier-Ass Brendel, dem amtierenden Weltmeister, Europameister und Olympiasieger über seine 1000-Meter-Paradestrecke. „Schon nach 200 Metern war ich mir sicher, dass es eine Medaille wird“, bilanzierte der erfolgsverwöhnte Potsdamer. Kurz vor dem Ende der Titelkämpfe legte Brendel über 5000 Meter noch sein zweites Gold nach. Max Hoff heimste im K1 auf der Langstrecke zumindest Silber ein.