Kart-WM in Essen - Treffen der Rennfahrer von morgen

Essen (dpa) - Mit Sturzhelm und Overall knattert Maximilian Beer auf die Haarnadelkurve zu. Gerade, als er mit seinem Kart in die Seitenbande zu rasen droht, zieht Beer gekonnt das Lenkrad herum und gleitet um die Spitzkehre.

Schon jetzt fährt der 17-Jährige Bestzeiten auf der Kartbahn in Essen, doch in diesen Tagen muss er um Hundertstelsekunden kämpfen. Wenn sich kommenden Montag Fahrer aus 17 Ländern in Essen zur Kart-WM die Helme überstülpen, will der Hallen-Vizeweltmeister jede Kurve im Schlaf beherrschen.

Wer die kleinen Flitzer als motorisierte Tretautos oder größere Auto-Scooter abtut, täuscht sich gewaltig. Anfänger zittern nach ihren ersten Runden die Hände, viele bekommen Kopfschmerzen. Längst fahren Jugendliche wie die „Großen“ im Formel-Sport um die Wette. Spätestens, seit Michael Schumacher und Sebastian Vettel als Jung-Stars vom Kart in schnellere Wagen umgestiegen sind, gilt die Kartbahn als Kinderstube der Formel 1. Rund 60 000 Euro lassen manche Profis sich den Junior-Motorsport jede Saison kosten, sagt Ingolf Bojek, der das Kart-Center in Essen leitet. 60 Rennwagen mit 9 PS starken Motoren stehen dort für die 1600 Meter lange Strecke bereit.

Der Geruch von Benzin und verbranntem Gummi liegt in der Luft, als Beer seine Runden dreht. „Er ist der Lokalfavorit, der Typ, den es zu schlagen gilt“, sagt ein Engländer, der zum Training bereits eine Woche vor der Meisterschaft angereist ist. Seit seinem überraschenden zweiten Platz bei der Weltmeisterschaft 2011 im belgischen Eupen fürchten viele Fahrer Beers ruhigen, akkuraten Fahrstil. Nur ein taktischer Fehler seines Teams in der Box trennte ihn damals vom obersten Platz auf dem Siegertreppchen.

Gegen die Konkurrenz aus ganz Europa, den USA und Brasilien will er mindestens wieder den zweiten WM-Platz schaffen. „Es wird nicht einfach“, sagt Beer, traut sich nach vielen Trainingswochen aber einiges zu. „Ich bin dieses Mal selbstbewusster dabei.“ Auch der Heimvorteil des Esseners könnte ihm und seinem Team wertvolle Sekunden Vorsprung verschaffen. Dem Sieger winken 1200 Euro Preisgeld und die kostenlose Teilnahme an der nächsten Weltmeisterschaft.

„Der Erwartungsdruck ist da“, sagt Vater Thomas, der eine Oldtimer-Werkstatt betreibt und seinem Sohn mit technischem und taktischem Rat zur Seite steht. Schnell sein, körperlich fit und vor allem „ruhig bleiben“, rät er seinem Sohn vor großen Rennen. Dem Wettlauf um die neueste Technik müssen sich aber auch die Beers stellen. „Sehr viel wird über das Material entschieden“, sagt Thomas Beer, der für Fahrer im Kindesalter schon mehrköpfige Profi-Teams anrücken sah. Sein Sohn ist trotzdem sicher: „Man kann auch mit wenig Geld ein Rennen gewinnen.“ Zumindest in Essen sind aber alle Fahrer gleich - denn alle starten mit ähnlich starken Motoren.

Mit seinem knallblauen Racing-Anzug und dem weißen Helm steht der groß gewachsene Essener seinem Vorbild Sebastian Vettel zumindest äußerlich in nichts nach. Einmal brach seine Spurstange und Beer überschlug sich mit dem 140 Kilogramm schweren Wagen - Angst hat er trotzdem keine. Schließlich wurde ihm das Rennfahrer-Dasein in die Wiege gelegt, erzählt sein Vater: Maximilians erstes Wort war nicht etwa „Mama“, sondern „Attn“ - ein Kinderwort für „Auto“. Während hinter ihm die Karts knattern, denkt der junge Beer schon an größere Strecken. Sein Traum: Das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring.