Personalie Kramer-Aus nach „unwürdiger“ Pokal-Pleite - Kommt nun Reis?

Gelsenkirchen · Der Nächste bitte: Schalke 04 sucht mal wieder einen neuen Coach. In Kramer muss der sechste Trainer binnen zwei Jahren gehen. Die Assistenten um Aufstiegscoach Büskens leiten vorerst das Training.

Fußball-Bundesligist FC Schalke 04 hat sich von Trainer Frank Kramer getrennt.

Foto: dpa/Hasan Bratic

Der Bus zurück nach Gelsenkirchen fuhr bereits ohne Frank Kramer ab. Beim heftig ins Schleudern geratenen FC Schalke 04 hat zumindest vorerst wieder der Aufstiegstrainer übernommen: Nur zwölf Stunden nach dem 1:5-Debakel im DFB-Pokal bei der TSG Hoffenheim haben die kriselnden Königsblauen den glücklosen Kramer wie erwartet freigestellt - ein Nachfolger wurde zeitgleich nicht präsentiert.

Das Training am Mittwoch sollten die Assistenztrainer um Mike Büskens leiten, der in der Vorsaison entgegen seiner Ambitionen das Amt des Chefcoaches übernommen und seinen Herzensclub zurück in die Fußball-Bundesliga geführt hatte. Ob Büskens auch im immens wichtigen Auswärtsspiel am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) bei Hertha BSC die völlig verunsicherte Mannschaft betreut oder ob bis dahin ein neuer Cheftrainer präsentiert wird, blieb am Mittwoch zunächst offen.

Fest steht nur eines - und das wusste Kramer selbst schon am Dienstagabend nach dem sportlichen Offenbarungseid in Sinsheim: „So weitermachen? Das geht auf keinen Fall!“ Die Verantwortlichen trauten dem erst vor vier Monaten verpflichteten Trainer die Trendwende nicht mehr zu. Zu eklatant waren die Probleme bei den vergangenen fünf Pflichtspielniederlagen in allen Mannschaftsteilen.

„Die Art und Weise“ einiger Auftritte sei „des FC Schalke 04 nicht würdig“, kritisierte Sport-Vorstand Peter Knäbel. Sportdirektor Rouven Schröder, der sich am Tag seines 47. Geburtstages nach der Pokal-Pleite mit Kramer und anderen Verantwortlichen gegenseitig „die Meinung sagen“ wollte, hofft, dass sich der Bundesliga-Vorletzte irgendwie in die WM-Pause retten kann. Bis dahin „müssen wir punkten“, forderte Schröder, „um uns im Anschluss bestmöglich auf eine für unseren Verein wegweisende Rückrunde vorzubereiten“.

Doch wer soll das Team, in dem es qualitativ an so vielem fehlt, sportlich wieder auf Kurs bringen? „Frank Kramer ist ein armer Hund“, hatte Schröder am Dienstagabend vielsagend geäußert: „Wer möchte mit ihm tauschen im Augenblick?“ Büskens will nicht wieder zurück ins erste Glied, das hat er oft genug betont. Der Mitte September beim VfL Bochum freigestellte Thomas Reis stünde bereit, mit ihm hatte sich Schalke schon vor der Kramer-Verpflichtung intensiv beschäftigt.

Ob sich die anderen gehandelten Fußballlehrer wie Zsolt Löw oder gar Domenico Tedesco, der aus der emotionalen Verbindung zu seinem Ex-Club nie einen Hehl gemacht hat, Schalke in der aktuellen Verfassung antun, ist mehr als fraglich. Ein großes Gehalt können die klammen Knappen nicht zahlen, da neben Kramer auch dessen Vorgänger Dimitrios Grammozis weiterhin auf der Gehaltsliste steht. Und in der nächsten Transferperiode muss Schalke jeden Euro zusammenkratzen, um für die aktuell nicht vorhandene Wettbewerbsfähigkeit neue Spieler zu holen.

„Jeder muss sich Gedanken machen, da schließe ich mich mit ein“, sagte der für die Transfers zuständige Schröder selbstkritisch. Von den Sommer-Neuzugängen enttäuschen vor allem der völlig überforderte Abwehrchef Maya Yoshida und der wirkungslose Angreifer Sebastian Polter. Vielleicht war es auch ein Fehler, dass der Club bei den möglichen Verpflichtungen der Aufstiegshelden Ko Itakura (jetzt Borussia Mönchengladbach) und Darko Churlinov (FC Burnley) nicht ins wirtschaftliche Risiko gegangen war und sein Abwehr-Juwel Malick Thiaw zum AC Mailand verkauft hat. Der neuformierten Mannschaft fehlt es an Qualität - und scheinbar auch an Zusammenhalt.

Bis zur Winterpause bleibt das Prinzip Hoffnung. Der Trainer fällt als Sündenbock weg, die Spieler stehen in der Pflicht. Das habe er „der Mannschaft auch klar mitgeteilt“, verriet Schröder. Mit einer offensiv wie defensiv desolaten Leistung wie gegen Hoffenheim „können wir in Berlin nicht bestehen“. Kramer machte der blutleere Auftritt gar „fast sprachlos“, für Schalke sei das der Tiefpunkt gewesen: „Schlechter geht's ja auch nicht.“

(dpa)