Bolts Botschaft: Mich kann niemand schlagen
Ostrau (dpa) - Es ist nicht Rom, nicht Paris, auch nicht Monte Carlo oder Zürich: Das Lieblings-Meeting von Usain Bolt heißt „Zlata Tretra“ (Goldener Spike) und findet in Ostrau statt. Jetzt ist er wieder da.
Vor der ganz und gar unglamourösen Industriekulisse dieser tschechischen Stadt wird der Superstar und Showman der Leichtathletik zum ersten Mal in diesem Jahr in Europa laufen.
Seine Saisonstatistik weist bislang zwar nur ein Rennen über die 100 Meter aus, sportlich wie verbal ist der Weltrekordhalter aus Jamaika aber schon wieder bestens drauf. „Solange ich in guter Form bin, kann mich niemand schlagen“, meinte Bolt.
Diese Aussage lieferte den Veranstaltern in Ostrau wie üblich eine gute PR. Fast genau zwei Monate vor den Olympischen Spielen dürfte sie sich aber auch an jemanden gerichtet haben, der zurzeit mehrere tausend Kilometer entfernt in Übersee trainiert: Bolts neuen Rivalen Yohan Blake. Das Duell zwischen dem Olympiasieger und dem Weltmeister verspricht der große Höhepunkt in London zu werden.
Vor einem Jahr nutzte Blake Bolts Fehlstart in Daegu, um sich den WM-Titel zu holen. Seit einigen Monaten zeigt er nun, dass er zwar ein Überraschungs-, aber kein Zufalls-Weltmeister ist. Seine starken Zeiten über 100 (9,84 Sekunden) und 200 Meter (19,91) in diesem Jahr lesen sich wie eine Kampfansage an den großen Favoriten. Bolt reagierte darauf mit dem besten Saisonstart seit vier Jahren (9,82).
„Ich denke, ich bin in einer großartigen Form. Mein Trainer ist sehr zufrieden mit mir“, sagte der 25-Jährige in Ostrau. „Eine Zeit um die 9,70 Sekunden wäre gut für mich am Freitag. Auf jeden Fall möchte ich meine Bestzeit in diesem Jahr noch einmal steigern.“
Das Paradoxe ist: Bolt und Blake spornen sich gegenseitig an und gehen sich gleichzeitig aus dem Weg. Das soll die Spannung bis zum Showdown bei Olympia hoch halten und vor allem dazu dienen, dieses Duell noch besser zu vermarkten. „Die Show wird deutlich besser, wenn wir erst in London aufeinandertreffen“, sagte Bolt. „Unsere Agenten wollen nicht, dass wir schon vorher gegeneinander laufen.“
Und so wird der Superstar in Ostrau auch keinen nennenswerten Gegner haben. Die Organisatoren stellten zwar in allen möglichen Disziplinen wie dem Kugelstoßen (mit Weltmeister David Storl, Vize- Weltmeister Dylan Armstrong und Olympiasieger Tomasz Majewski) oder Speerwurf (mit Matthias de Zordo) starke Teilnehmerfelder auf die Beine. Beim 100-Meter-Rennen aber ist wie so häufig alles um Bolt herum nur Staffage. Der WM-Dritte Kim Collins (St. Kitts und Nevis), der frühere Doping-Sünder Dwain Chambers (Großbritannien) und der Amerikaner Darvis Patton dürften sich um den zweiten Platz streiten.
Bolt gefällt es in Ostrau auch so. Er mag die Atmosphäre im kleinen Mestsky-Stadion („Da ist immer volles Haus“) und bisher waren seine fünf Auftritte dort auch immer ein exakter Gradmesser für den weiteren Verlauf der Saison. 2011 ärgerte er sich über seine Zeit von 9,91 Sekunden - und wurde drei Monate später im WM-Finale disqualifiziert. 2008 und 2009 lief er in Ostrau einen Meetingrekord - und verbesserte danach beim Saisonhöhepunkt jeweils auch den Weltrekord. „Ich liebe dieses Meeting“, sagte Bolt. „Es ist eines der ersten, das ich jedes Jahr in meinem Kalender eintrage.“