DLV für Olympia-Zyklus gerüstet
Gateshead (dpa) - Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) ist nach Platz zwei bei der Team-EM nicht nur überzeugt, für die Weltmeisterschaften im August in Moskau gerüstet zu sein.
„Die Nationalmannschaft hat einen wichtigen Schritt für den neuen Olympia-Zyklus gemacht, in dem man an die Erfolge des vorherigen anknüpfen wird“, meinte DV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen in Gateshead nach der ersten großen Standortbestimmung im Jahr eins nach den London-Spielen zuversichtlich. Der DLV war mit acht Medaillen von der Themse zurückgekehrt, bei der WM 2011 in Daegu hatten die deutschen Asse sieben Medaillen geholt.
In Gateshead fehlten den Deutschen im Endklassement nur sieben Punkte auf die Russen, die zum dritten Mal in Serie gewannen. Immerhin verwiesen sie Gastgeber Großbritannien auf den dritten Rang. „Das es am Ende so knapp war, macht mich stolz. Die Geschlossenheit des Team hat mich begeistert“, sagte Kurschilgen, dessen Verband 2014 Ausrichter der Team-EM in Braunschweig sein wird. „Das war eine gute Visitenkarte für das nächste Jahr.“
Werbung betrieb auch der neue deutsche Kapitän Robert Harting für den EM-Titelkampf 2014. „Entscheidend ist, dass eine Sportart, die in Deutschland wichtig sein soll, immer vorne dabei ist“, formulierte der Diskus-Olympiasieger bereits wie ein Politiker. Einfach gesagt heißt das: Harting und Co. wollen nach 2009 die Team-EM gewinnen.
Überhaupt gab sich der 28-jährige Berliner, zu dessen Stärken die Diplomatie bisher nicht gehörte, bei seinem Einstand als Kapitän ungewöhnlich moderat und eloquent. „Ich mache es gern und ich glaube, dass die Mannschaft es gut findet, wie es ist“, sagte er zur neuen Rolle. „Die Athleten wissen, dass ich ein Teil von ihnen bin und das ich viel für sie tun kann.“
Sportlich hat er mit dem Disziplinsieg allemal seinen Teil zum zweiten Platz beigetragen. Harting formulierte es so: „Das Eigene ist nicht so wichtig wie das Ganze.“ Weil der DLV ihn, den Oberkritiker des Verbandes, zum Kapitän bestellt hat, fühlt er sich nun aber nicht als zahnloser Tiger. „Natürlich nicht, aber ich muss ja nicht Bäume anbeißen, wenn kein Fleisch da ist“, meinte Harting.
Bis zur WM, die am 10. August in der russischen Hauptstadt beginnt, hat er sowieso genug mit sich zu tun. „Die EM war ein guter Zwischenschritt, der einen Kick für die WM gegeben hat“, befand er. Seine Siegerweite von 64,25 Meter war eher ernüchternd, aber mehr dem Regen in England geschuldet.
Die Niederlage am 8. Juni in Hengelo gegen seinen Dauerrivalen Piotr Malachowski (Polen) und dessen 71,84 Meter haben den Weltmeister vor seiner angestrebten Titelverteidigung jedoch aufgeschreckt. „Das war erlösend. Nun kann ich mich wieder mit der Technik beschäftigen“, erklärte Harting. Vorher gab es keinen Grund etwas am Schwungverhalten und am Bewegungsrhythmus zu verändern, weil er 35 Mal in Serie gewonnen hatte. „Mit der bisherigen Technik kann ich nun nicht mehr 70 Meter werfen, deshalb muss ich ranklotzen.“
Dies gilt auch für andere DLV-Topathleten und WM-Kandidaten. Silke Spiegelburg (Stabhochsprung), Christina Obergföll (Speerwurf), Betty Heidler (Hammerwurf), Christina Schwanitz (Kugelstoßen) oder David Storl (Kugelstoßen), die bei der Team-EM jeweils siegten - allerdings nicht mit WM-reifen Leistungen. „Ich hoffe, dass ich mich langsam weiter reinsteigern kann“, sagte der Weltmeister Storl.
„Der zweite Platz ist ein Ausrufezeichen gewesen“, meinte Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler zum Team-Abschneiden. Ihre mäßigen 74,31 Meter nahm die Athletin aus Frankfurt/Main locker. „Ich habe noch keine WM-Form, aber das wäre auch nicht gut“, erklärte die WM-Zweite von 2009 und 2011.
Bisher haben 41 DLV-Asse die WM-Norm geschafft. Letzte Qualifikationschance sind die deutschen Meisterschaften in knapp zwei Wochen in Ulm. „Das Aufgebot für Moskau dürfte in etwa so groß wie das bei den Olympischen Spielen 2012 werden“, erklärte Kurschilgen. Nach London waren 75 Leichtathleten gereist.