DLV will 17 Rio-Normen senken: „Nicht manipulationsfrei“

Düsseldorf (dpa) - Der Deutsche Leichtathletik-Verband will nach dem Doping- und Korruptionsskandal 17 der 43 Einzelnormen für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro senken.

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Über einen entsprechenden Antrag des DLV wird der Deutsche Olympische Sportbund in dieser Woche entscheiden. „Für uns zeigt sich immer mehr, dass das statistische Material, auf das wir zur Entwicklung der Normen zurückgegriffen haben, in hohem Maße belastet, also nicht manipulationsfrei war und ist“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen der Deutschen Presse-Agentur.

Den DLV-Athleten wolle man mit diesem Schritt zeigen, dass man auf die Berichte der Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur über systematisches Doping in Russland und kriminelle Machenschaften sowie Vertuschung von positiven Dopingproben im Weltverband IAAF reagiere. Kurschilgen: „Das Zeichen an die Athleten ist, dass wir uns in der Leichtathletik in einer besonderen Situation, in einer Ausnahmesituation befinden, die besondere Entscheidungen einfordert.“

Deshalb müsse man den Norm-Maßstab, „nicht aber unseren Leistungsanspruch korrigieren“. Kurschilgen: „Wir signalisieren den Athleten dass wir uns mit der Situation kritisch auseinandersetzen und den Mut haben, bisherige Entscheidungen zu korrigieren.“

Möglich ist die nationale Absenkung der Olympia-Normen nur, weil die IAAF schon Ende November - nach den WADA-Reporten - eher heimlich, still und leise 17 Richtwerte für Rio entschärft hat. In der damaligen IAAF-Mitteilung stand kein Wort zum Doping-Skandal. Begründet wurde der Schritt lediglich damit, dass man damit „mehr Athleten die Möglichkeit geben will, die Norm zu erreichen, um dichter an die angestrebte Zahl der Brasilien-Starter zu kommen“.

Es sei nicht erkennbar, so Kurschilgen, „ob diese Veränderung mit der Doping-Problematik, den skandalösen Vorkommnissen in der IAAF, oder den dopingbelasteten Ländern wie Russland, aber auch Kenia und tendenziell in weiteren Ländern im Zusammenhang steht“.

Nicht nachvollziehbar sei gewesen, warum die IAAF bei der WM 2015 in Peking von den Diskus-Männern eine Normweite von 65 Meter verlangte, sie zunächst für die Rio-Spiele auf 66 Meter erhöhte und die wieder auf 65 Meter reduzierte. Bis zum 31. Dezember hatten im übrigen nur 13 Werfer auf der Welt die 66-Meter-Marke erreicht. „Warum die IAAF zunächst 66 Meter formuliert hat, kann ich nicht erklären. Eine nicht nachvollziehbare und völlig überhöhte Norm“, sagte Kurschilgen.

Für die Rio-Spiele hofft er, dass die Doping-Enthüllungen etwas bewirken - erwartet aber keine Wunder. „Es wird keine sauberen, aber vielleicht sauberere Spiele geben“, so Kurschilgen. Aber es wäre fatal, wenn nach der „bitteren Erkenntnis“, dass in der IAAF Dopingproben vertuscht wurden und es in Russland ein Doping-System gab, dem bis zum August diesen Jahres „keine erkennbaren Grenzen“ gesetzt würden. „Es könnte somit in Rio 2016 sauberere Spiele mit einem geringeren Leistungsniveau geben. Doch das ist erst einmal eine Hypothese“, sagte er.

Dass die deutschen Leichtathleten durch den Doping-Skandal entmutigt und demotiviert ins Olympia-Jahr gehen, erwartet Kurschilgen nicht. „Der Zweifel ist schon immer da gewesen, er bestätigt sich und wird für alle präsenter“, meinte er. „Unsere Athleten haben trotzdem immer ihre Chancen gesehen sich mit intelligentem Training und kompetenten Trainern zu behaupten.“ Deshalb hoffe er, werde sich in der Einstellung der Athleten nichts verändern.

Ein richtiges Signal an die sauberen Athleten wäre, wenn Russlands Leichtathleten bei den Sommerspielen ausgeschlossen würden. „Ein systemisches Doping ist für Russland in der Leichtathletik belegt, insofern sollte der Ausschluss erfolgen“, forderte Kurschilgen.