Dritte WM in Asien: Bolt-Show und deutsche Trümpfe
Daegu (dpa) - Zum 13. Mal streiten die Leichtathleten um WM-Medaillen - die südkoreanische Stadt Daegu ist für neun Tage Schauplatz des Sportspektakels. Kann Sprintstar Usain Bolt noch schneller? Holt er wieder Gold?
Und stechen die wenigen deutschen Trümpfe?
Auf der schnellsten Laufbahn der Welt will der Jamaikaner Bolt seine nächste Show abziehen, im deutschen Team sollen wieder einmal die starken Werfer für Medaillenglanz sorgen: In der südkoreanischen Millionenstadt Daegu läuft der Countdown für die 13. Leichtathletik-Weltmeisterschaften. An den neun Wettkampftagen zwischen dem 27. August und dem 4. September fallen 47 Entscheidungen. Der Weltverband IAAF erwartet rund 2000 Athleten aus etwa 200 seiner 212 Mitgliedsländer zur dritten Leichtathletik-WM in Asien nach Tokio (1991) und Osaka (2007).
Zwei Jahre nach dem erfolgreichen „Heimspiel“ in Berlin mit neun Medaillen ruhen die Hoffnungen des Deutschen Leichtathletik- Verbandes (DLV) vor allem auf Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler, Speerwurf-Ass Christina Obergföll und Diskuswurf-Recke Robert Harting. Der 26 Jahre alte Berliner ist der einzige Titelverteidiger im DLV-Team, denn Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius hatte ihre Karriere nach dem Gold-Coup im Berliner Olympiastadion beendet.
„Über 70 Athleten werden wir auf alle Fälle haben, das ist ein großes Team. Aber das haben wir bewusst so gemacht, um vielen Athleten aus dem U23-Bereich die Chance zu geben, internationale Erfahrung zu sammeln“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen der Nachrichtenagentur dpa. In einer ersten Nominierungsrunde hatte der Verband zunächst 64 Leichtathleten benannt, davon einige unter Vorbehalt. In der zweiten Runde können laut Kurschilgen mindestens acht mit einer Nominierung rechnen. „Rausfallen wird niemand mehr.“
Das wäre auch noch schöner - schließlich fehlen dem DLV in Fernost schon etliche potenzielle Medaillenkandidatinnen: Sprint- Europameisterin Verena Sailer musste ebenso absagen wie Hürden-Ass Carolin Nytra. Beide kamen nach Verletzungen und Trainingsrückstand nie richtig in WM-Form. Hochspringerin Ariane Friedrich kann nach ihrem Achillessehnenriss frühestens in der Hallensaison 2012 wieder in die Luft gehen. Lediglich Speerwurf-Europameisterin Linda Stahl kann sich noch Hoffnungen auf ein WM-Ticket machen.
Das weltweit größte Sportereignis im vorolympischen Jahr 2011 rückt das asiatische Land erneut in den Fokus: 1988 war die Hauptstadt Seoul Schauplatz der Olympischen Spiele, 2002 hatte Südkorea als Co-Gastgeber mit Japan die Fußball-WM ausgerichtet. Und erst vor gut einem Monat erhielt Pyeongchang den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 - München wurde klar geschlagen.
„Berlin hat die Messlatte für 2011 hoch gelegt, aber wie im Leben allgemein musst du Ehrgeiz haben, um die Besten zu besiegen“, sagte IAAF-Präsident Lamine Diack im Hinblick auf die Bemühungen der Gastgeberstadt. Der 78 Jahre alte Senegalese tritt auf dem IAAF-Kongress in Daegu zur Wiederwahl an; er amtiert seit 1999.
Fast euphorisch schwärmte Diack vom imposanten Daegu Stadium, wo vor neun Jahren vier Spiele der Fußball-WM stattfanden. Die Arena wurde für das Leichtathletik-Weltchampionat modernisiert und bestand ihre Bewährungsprobe im Mai bei einem internationalen Meeting. Nach Meinung von Diack ist das Stadion „Weltklasse“ - und die himmelblaue Mondo-Bahn „die derzeit schnellste in der Welt“.
Das WM-Stadion fasst mehr als 65 000 Zuschauer, zur Eröffnungsfeier am 27. August werden aber nur 44 000 zugelassen. Zu den Wettbewerben dürfen jeweils 34 000 Fans in die Arena. Bis Anfang August sind nach Angaben des Organisationskomitees bereits 85 Prozent der rund 453 100 verfügbaren Tickets abgesetzt worden.
Zusätzlicher Antrieb für viele Athleten könnte die „Kohle“ sein: Wer ins Finale kommt, kassiert. Der Weltverband schüttet rund 7,3 Millionen US-Dollar (5,1 Millionen Euro) an Prämien aus. Noch der Achte nimmt 4000 Dollar (2800 Euro) mit. Für einen Weltrekord spendieren die IAAF-Sponsoren sogar 100 000 Dollar (70 000 Euro).
Dies dürfte auch Usain Bolt interessieren. Der schnellste Mann der Welt hatte bei Olympia 2008 und der WM 2009 mit dreimal Gold und Fabelweltrekorden geglänzt. Nach dem überraschenden Aus von Ex-Weltmeister Tyson Gay (USA) kommen seine härteste Konkurrenten nun aus dem eigenen Land: Vor allem Asafa Powell will dem Weltrekordler die Sprint-Krone streitig machen, wenn am 28. August um 13.45 Uhr (MESZ) der Startschuss für das 100-Meter-Finale fällt.
Schneller als der 28 Jahre alte Powell war im WM-Jahr noch kein Sprinter: Am 30. Juni rannte der Staffel-Olympiasieger in Lausanne 9,78 Sekunden; Bolt war dafür auf seiner Lieblingsstrecke bisher der Beste: Die 19,86 Sekunden des Jamaikaners über 200 Meter sind Jahresweltbestzeit - aber längst keine Medaillengarantie.
Die hat auch Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa nicht: Zwar feierte die 29 Jahre alte Russin in diesem Jahr nach einer langen „Denkpause“ ihr Comeback, für 5-Meter-Sprünge scheint die Weltrekordlerin aber noch nicht wieder gut genug zu sein. Dazu kommt das WM-Trauma von Berlin: Vor zwei Jahren war Issinbajewa im Finale nach einem „Salto nullo“ ausgeschieden.
Oscar Pistorius ist dagegen jetzt schon ein Gewinner - und er wird es auch ohne WM-Medaille bleiben: Der unterschenkel-amputierte Südafrikaner hat sich als erster behinderter Sportler für eine Leichtathletik-WM qualifiziert; nun wurde der 400-Meter-Läufer von seinem Verband offiziell für Daegu nominiert. „Das ist ein sehr stolzer Moment in meinem Leben. Ich habe so lange davon geträumt, einmal bei einer großen Meisterschaft starten zu können“, sagte der 24-Jährige, der auf Karbon-Prothesen manchem nicht-behinderten Rivalen davonläuft.