Europas Sprint-Queen Schippers: WM-Gold in Rekordzeit
Peking (dpa) - Die Niederländerin Dafne Schippers ist Europas neue Sprint-Königin und die schnellste weiße Läuferin, die es jemals über 200 Meter gab.
„Das ist doch verrückt“, stammelte die 23-Jährige nach ihrem triumphalen Rennen bei der Leichtathletik-WM in Peking selbst verblüfft. Mit 21,63 Sekunden flitzte sie nicht nur allen davon, sondern in Europarekordzeit über die Ziellinie. Das jamaikanische Duo Elaine Thompson (21,66) und Veronica Campbell-Brown (21,94) hatte Schippers auf den letzten drei Metern noch abgehängt.
In der Leichtathletik-Geschichte waren bisher nur die gestorbene Weltrekordlerin Florence Griffith-Joyner - sie lief bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul 21,56 und 21,34 Sekunden - und Marion Jones (21,62/beide USA) über 200 Meter schneller gewesen. Den Europarekord hatten bisher die früheren deutschen Sprinterinnen Marita Koch (1979) und Heike Drechsler (1986) mit 21,71 Sekunden gehalten. Beide sind die Zeit jeweils zweimal gelaufen.
„Ich hatte gehofft, Gold zu gewinnen und unter 22 Sekunden zu bleiben. Beides habe ich geschafft, ich kann es nicht glauben. Was für ein Rennen, was für ein Turnier“, sagte die Tochter eines Sportphysiotherapeuten. Nach dem Zieleinlauf wurde Schippers schwarz vor Augen, auf die Ehrenrunde musste sie verzichten.
Die Jamaikanerin Thompson war mit einem leichten Vorsprung aus der Kurve gekommen, doch Schippers ließ sich dadurch nicht beeindrucken. „Ich bin die letzten 30, 40 Meter relaxt geblieben. „Das ist der Grund, warum ich gewonnen habe“, sagte Schippers, die schon über 100 Meter Zweite geworden war.
Sind Nervenstärke und Talent der einstigen Mehrkämpferin - vor zwei Jahren gewann sie bei der WM Bronze im Siebenkampf - die einzigen Gründe für den enormen Beschleunigungsschub? Die Zweifel laufen mit. Deshalb wurde sie in Peking mit Fragen nach Doping konfrontiert. Schon nach dem kurzen Sprint, den sie in 10,81 Sekunden hingelegt hatte, als sie elf Hundertstelsekunden schneller als jemals vor der WM war. „Ich bin sauber. Ich arbeite hart, mache alle Dopingtests“, antwortete Schippers. „Man kann doch einfach nur Talent haben.“
Ihr Trainer Bart Bennemann versichert hingegen, dass ihre phänomenale Beschleunigungsfähigkeit nicht auf verbotene Mittel beruht. „Um diese Fragen kommt sie nicht herum“, meinte er, aber was könne sie dafür, dass sie „solche Vorgängerinnen hat. Das ist nicht ihr Fehler“. Bei Griffith-Joyner gab es immer Verdächtigungen und Marion Jones wurde des Dopings überführt - wie viele andere Sprinterinnen.
Auch ihr auffälliges Hautbild ist für Bennemann kein Indiz, dass seine Läuferin Verbotenes einnimmt. „Wenn man in den Niederlanden durch die Straßen geht, kann ich jedem zehn Frauen mit so einer Haut zeigen“, sagte der Coach, der seit sieben Jahren ihr Sprinttrainer ist. „Es ist unfair. Das ist familiär bedingt.“
Für ihn hat Schippers in puncto Schnelligkeit noch nicht alles ausgereizt. „Es gibt noch Raum für Verbesserungen. Sie ist nicht die Beste am Start.“ Eine Rückkehr zum Siebenkampf wird es für den Sprint-Shootingstar nicht geben. „Ich denke nicht“, sagte sie.