Gute Olympia-Generalprobe - Gonschinska: „Tolle Tage“

Peking (dpa) - Auf diese Bilanz hatte sich der deutsche Cheftrainer richtig gefreut. „Wir haben hier tolle Tage erlebt“, sagte Idriss Gonschinska am Sonntag stolz nach dem erfolgreichen Abschneiden bei den 15. Weltmeisterschaften in Peking.

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Mit 113 Punkten in der Nationenwertung der Ränge eins bis acht erkämpften die Sportler des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) den vierten Platz und mehr Zähler als bei den Olympischen Spielen 2012 in London. Insgesamt erreichten 30 der 66 DLV-Starter einen Finalplatz und gewannen acht Medaillen. Bei der WM 2013 in Moskau waren es sieben Edelplaketten.

„Diese junge Mannschaft hat ein ausgezeichnetes Potenzial“, resümierte DLV-Präsident Clemens Prokop. „Die Generalprobe für Olympia 2016 in Rio de Janeiro ist geglückt.“ Bemerkenswert daran ist: Das deutsche Team hat sich einem weltweit immer härteren Konkurrenzkampf - die Finalisten in den 47 Disziplinen kamen aus rund 70 Ländern, von denen 30 Medaillen holten - und einer offenbar unverminderten Doping-Bereitschaft bewährt. „Wir bewegen uns in dem Spannungsfeld, in dem man Visionen und Träume fördert“, meinte Gonschinska, „aber Manipulations-Freiheit schwer zu bieten ist.“

Der Chefcoach sprach von einer „Wettbewerbsspirale, die immer enger wird“. Medaillen hätten deshalb einen besonderen Wert. Dies gilt besonders für die Titelgewinner Christina Schwanitz (Kugel) und Katharina Molitor (Speer), die am ersten und letzten WM-Tag Gold holten. Silber gewannen David Storl (Kugel), Raphael Holzdeppe (Stabhoch), Gesa Felicitas Krause (3000 Meter Hindernis) und Cindy Roleder (Hürdensprint). Nadine Müller (Kugel) und Rico Freimuth (Zehnkampf) sicherten sich Bronze.

„Es gab sehr wenige Enttäuschungen, dagegen viele positive Überraschungen“, befand Prokop. „Unter diese Überschrift fallen vor allem die beiden fast schon historisch zu bezeichnenden Medaillen im Laufbereich.“ Tatsächlich hatte kaum jemand die Silber-Stücke von Krause und Roleder vorher auf dem Zettel. „Das ist sicherlich ein Signal an die Laufszene in Deutschland“, sagte Gonschinska.

Wie schwierig es geworden ist, auf einen Medaillenrang zu kommen, illustriert das Beispiel des Doppel-Weltmeisters David Storl. Im Kugelstoß-Finale lag er vor dem vierten Versuch nicht nur hinter einem Amerikaner, sondern auch hinter einem Jamaikaner und Neuseeländer. Storl wurde aber noch Zweiter. „Wenn ich dies vorher formuliert hätte, hätte man gesagt, er stapelt tief“, so Gonschinska, der zudem die Hochsprung-Sechste Marie-Laurence Jungfleisch noch nannte: „Mit 1,99 Meter kann man auch auf dem Podium stehen.“

Dennoch glaubt der Bundestrainer, dass die deutsche Leichtathletik den Herausforderungen mit Blick auf die Sommerspiele in Rio gewachsen ist. „Wir sind darauf eingestellt, dass die Wettbewerbsdichte zunimmt“, sagte Gonschinska. Er betonte erneut, dass er die alleinige Fixierung auf Medaillen für falsch hält. „Wer immer nur auf die Medaillen schaut, wird der Leistungsentwicklung und auch dem großen Aufwand eines Athleten nicht gerecht.“

Erstmals in der WM-Geschichte eroberte Kenia mit 16 Edelplaketten (7 Gold/6 Silber/3 Bronze) den Topplatz in der Medaillenwertung vor Jamaika (7/2/3) und den USA (6/6/6). Kenia sorgte aber auch für die bisher einzigen Doping-Fälle. Zwei 400-Meter-Läuferinnen wurden in Peking vor ihren WM-Rennen positiv getestet. Das von Betrugs-Vorwürfen erschütterte Russland stürzte bei der WM ab: 2013 in Moskau gab es 17 Medaillen, in Peking nur noch vier.

Jamaika triumphierte vor allem dank Superstar Usain Bolt, der nach drei weiteren drei Titeln nun insgesamt elf Goldmedaillen in seiner Schatzkiste liegen hat und damit zum erfolgreichsten Athleten der WM-Geschichte wurde.

Eine spektakuläre WM-Premiere als Sprinterin feierte die Niederländerin Dafne Schippers als Zweite über 100 Meter und Weltmeisterin über 200 Meter in Europarekordzeit von 21,63 Sekunden. Schneller liefen nur die einst unter Doping-Verdacht stehende Weltrekordlerin Florence Griffith-Joyner und die des Doping überführte Marion Jones (beide USA). „Wenn über 200 Meter der Frauen die Siegerleistung eine Top-drei-Platzierung in der ewigen Weltbestenliste einnimmt, dann läuft der Verdacht mit“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen.