Reformplan: IAAF will Anti-Doping-Etat verdoppeln

Frankfurt/Main (dpa) - In der kommenden Woche will die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA ihren mit Spannung erwarteten zweiten Report über das gigantische Doping- und Korruptions-Problem in der Leichtathletik vorstellen.

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„Das wird einen Wow-Effekt geben“, hatte der Leiter der WADA-Kommission dazu schon im November gesagt. Am Dienstagabend veröffentlichte der schwer angeschlagene Weltverband IAAF auf einmal einen Zehn-Punkte-Plan zur Rettung dieses verseuchten Sports - aber von einem „Wow-Effekt“ sprach danach niemand.

Der neue Präsident Sebastian Coe kündigte in seiner „Road map“ zwar unter anderem an, den Etat zur Doping-Bekämpfung von jährlich vier auf acht Millionen Dollar zu verdoppeln und noch vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro eine Art Ermittlungseinheit zu gründen, die die Leichtathletik vor Doping, Korruption und möglichen Wettskandalen schützen soll. Doch tatsächlich ist Coes Pamphlet unter dem Titel „Wiederherstellung von Vertrauen“ nichts anderes als die Zusammenfassung längst bekannter und teilweise auch noch äußerst schwammiger Positionen. „Punkt eins der Road map hätte sein müssen, den Begriff Road map zu streichen“, twitterte ein britischer Enthüllungsjournalist. Coes Plan sei diesen Namen nicht wert.

Der zweimalige Olympiasieger an der Spitze der IAAF sieht das natürlich anders. „Niemand sollte daran zweifeln, wie ernst ich diese Angelegenheit nehme“, schrieb der Brite. Die Leichtathletik müsse wieder ein Sport werden, „dem die Menschen vertrauen können“, so Coe. „Athleten, Fans, Sponsoren, Medien und Eltern“ müssten wieder wissen, dass in diesem Sport „gleiche Wettbewerbsbedingungen gesichert sind“.

Die IAAF hat ihren Reformplan in zwei Bereiche unterteilt. „Vertrauen in den Verband aufbauen“ und „Vertrauen in die Sportart bzw. den Wettbewerb wieder aufbauen“. So sollen unter anderem die Funktionäre der IAAF in Zukunft stärker überprüft werden und der gesamte Weltverband bei seinem nächsten Kongress 2017 in London eine neue Satzung erhalten. Den Anti-Doping-Kampf will Coe schon ab diesem Jahr nicht nur mit mehr Geld fördern, sondern auch mit einer deutlichen Vergrößerung jener Zahl von Athleten, die regelmäßig getestet werden.

Die Zweifel sind jedoch groß, dass das Doping- und Korruptionsproblem der Leichtathletik ausgerechnet durch die „Road map“ ihres selbst sehr umstrittenen neuen Chefs gelöst werden kann. Der neuen Ermittlungseinheit namens „Integrity Unit“ soll zwar auf dem Papier eine „größere Unabhängigkeit“ vom Verband zugestanden werden, doch die Frage ist: Was soll diese Einheit auf einmal bewirken, was nicht längst schon die Ethikkommission der IAAF hätten tun können? Außerdem gibt es eine ähnliche „Integrity Unit“ bereits seit 2008 im Tennis, ohne dass sie bislang größer aufgefallen wäre.

Der Reformbedarf in der Leichtathletik ist unbestritten. So bestätigte die WADA-Kommission in ihrem ersten Report Anfang November die schockierenden ARD-Enthüllungen über eine tief verwurzelte Doping-Kultur in Russland. Anfang November wurde auch Coes Amtsvorgänger Lamine Diack in Frankreich verhaftet, weil er in der IAAF unter anderem ein System etabliert haben soll, in dem positive Doping-Tests gegen Zahlungen von Schmiergeld vertuscht wurden.

Der beteiligte deutsche WADA-Ermittler Günter Younger beklagte jedoch schon kurz darauf gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“, dass der Anti-Doping-Kampf chronisch unterfinanziert sei und dringend auch auf andere Länder wie Kenia ausgeweitet werden müsse. Mit acht statt bislang nur vier Millionen Dollar pro Jahr wird die IAAF in diesem Bereich auch nicht viel mehr ausrichten können.

Coe umtreibt derweil noch ein anderes Problem. „Das Durchschnittsalter derer, die sich die Leichtathletik anschauen, liegt bei 55 Jahren. Das ist nicht zukunftsfähig“, schrieb er. Seine Vision sei ein Sport, „der attraktiver für mehr junge Menschen ist“. Wie er das erreichen will, verrät die „Road map“ jedoch nicht.