Sprinter Reus träumt von Staffel-Medaille bei Olympia

Düsseldorf (dpa) - Zweimal hat Julian Reus den deutschen Hallenrekord über 60 Meter in diesem Winter mit 6,53 Sekunden eingestellt. Wenn bei den nationalen Leichtathletik-Meisterschaften in Leipzig am Samstag alles perfekt läuft, könnte er seine Rekord-Sammlung ausbauen.

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Um 18.05 Uhr will er ein weiteres Kapitel deutscher Sprint-Geschichte schreiben. „Wenn die Form an dem Tag stimmt, kann es passieren“, meinte der 27-Jährige, „doch da mache ich mir keinen Stress.“

Ohnehin dienen die schnellen Läufe unter dem Dach nur einem großen Ziel: den Olympischen Spielen im August in Rio de Janeiro. „Wichtig ist, Stabilität für den Sommer zu schaffen. Da stehen zwei Höhepunkte an“, sagte Reus. Dazu gehören auch die Europameisterschaften vom 6. bis 10. Juli in Amsterdam. Bei der EM 2014 in Zürich hatte er den 100-Meter-Endlauf verpasst, aber mit der Sprint-Staffel wie schon beim Kontinentalkampf 2012 in Helsinki die Silbermedaille gewonnen.

Obwohl er über 100 Meter mit 10,05 Sekunden den deutschen Rekord hält und 9,99 Sekunden als „machbar“ ansieht, wird er bei den Sommerspielen in Rio als Solist nicht viel ausrichten können. In der Weltbestenliste 2015 lagen zehn Sprinter mit unerreichbaren Zeiten auf den vorderen Plätzen: Angefangen beim Schnellsten des vergangenen Jahres, Justin Gatlin (9,74), über Weltrekordler Usain Bolt (9,79) und Asafa Powell (9,81) bis hin zum Franzosen Jimmy Vicaut (9,92).

Das Gefühl, zum Hinterherlaufen verdammt zu sein, frustriert den Läufer der TV Wattenscheid 01 nicht mehr. „Ich bin damit groß geworden und lebe seit Jahren damit“, sagte er. „Der Sport gibt mir so viel. Da muss ich nicht jeden Tag frustriert sein.“

Immerhin erreichte er bei den Weltmeisterschaften 2015 in Peking als erster Deutscher seit 1983 das Halbfinale über 100 Meter. Ein Ziel für Olympia? „Es wird stark davon abhängen, ob ich im Sommer 10,20 oder 10,10 Sekunden laufen kann“, erklärte Reus vage.

Konkreter wird er, wenn es um die Ambitionen der 4x100-Meter-Staffel geht. „Mit der Staffel wollen wir bei Olympia nach den vierten Plätzen bei den WM 2015 und 2013 um eine Medaille kämpfen“, kündigte Reus an. „Die einzige Chance, international Erfolg zu haben, ist die Staffel. Deshalb müssen wir voneinander profitieren und uns stark machen.“

Und am liebsten nach der guten Entwicklung der vergangenen Jahre noch schneller werden. „Unsere Generation hat Luft nach oben hat“, meinte er. „Zuletzt hatten wir reihenweise Zeiten unter 10,10 Sekunden, das wäre vor Jahren undenkbar gewesen.“

Um weiter voranzukommen und den Traum von einer Olympia-Medaille zu erfüllen, wird akribisch in Trainingslagern in den USA oder Südafrika an jedem Lauf-Detail gefeilt. „Wir betreiben einen immens großen Aufwand, schauen uns Videos an, diskutieren stundenlang über Laufstile“, berichtete Reus. „Das zeichnet uns aus. Wir haben ja schließlich alle etwas in der Birne.“ Die Sprinter-Clique ist eine gute Gemeinschaft geworden. „Man muss nicht „Big Buddy“ sein, aber man muss sich vertrauen und sich respektieren“, sagte Reus.

Längst verloren gegangen ist das Vertrauen in die internationale Konkurrenz. Auch nach den Enthüllungen über Doping und Korruption in Russland sowie Kenia fehlt vielen der Glaube, es könne mehr Fair Play in Rio geben. „Die Frage ist, in wie vielen Ländern man solche Untersuchung gemacht hat? Es sind bisher nur Russland und Kenia“, so Reus. Deshalb gelte für ihn und seine Mitläufer: „Wir können nur unseren Job machen und in Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen.“