Titelanwärter und Talente: DLV-Team als Wundertüte
Göteborg (dpa) - Gleich die ersten Wettkämpfe bei der Hallen-EM in Göteborg haben deutlich gemacht, dass das deutsche Team so etwas wie eine Wundertüte ist. Zum Aufgebot gehören Titelanwärter wie Björn Otto und Talente wie Erik Balnuweit.
Der Verband hofft vor allem auf den Sonntag.
Matthias Bühler stand noch eine halbe Stunde nach seinem Rennen schwitzend in den Katakomben des Scandinaviums und starrte auf einen Fernsehschirm. Erst nach dem letzten Vorlauf über 60 Meter Hürden war am Freitag klar, dass er die nächste Runde nur um die Winzigkeit einiger Tausendstelsekunden verpasst hatte.
Ein Deutscher mit viel Pech raus, ein anderer am Ende im Finale starker Fünfter und ein weiterer mit Grippe schon wieder auf dem Rückflug: Die Hürdensprinter haben gleich zum Auftakt der Hallen-EM in Göteborg noch einmal versinnbildlicht, dass das deutsche Team bei diesen Titelkämpfen so etwas wie eine Wundertüte ist. „Wir haben keine überzogenen Erwartungen, weil Top-Athleten wie David Storl oder Silke Spiegelburg nicht dabei sind“, sagte der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, Clemens Prokop. „Wir haben eine junge Mannschaft, die aber für Überraschungen gut sein kann.“
Genau dieser Umbruch war gewollt zu Beginn des WM-Jahres. Stars wie Diskus-Riese Robert Harting oder Kugelstoß-Weltmeister Storl legen wenige Monate nach den Olympischen Spielen eine Regenerations- Phase ein, so dass das deutsche Aufgebot bei dieser Hallen-EM im wesentlichen aus zwei Fraktionen besteht: Jungen Talenten wie Hürdenläufer Erik Balnuweit, Mittelstrecklerin Corinna Harrer oder Sprinter Julian Reus - aber auch ernsthaften Titelanwärtern wie Björn Otto, Verena Sailer oder Kugelstoßerin Christina Schwanitz.
Vor allem vom späten Sonntagnachmittag verspricht sich der DLV in Göteborg einiges: Dann finden binnen zwei Stunden die Finals im Stabhochsprung (mit Otto), über 60 Meter (mit Sailer) und im Weitsprung (mit Christian Reif und Sebastian Bayer) statt.
„Wir haben eine sehr gute Mischung im Team“, sagte Balnuweit, der am Freitagabend im Halbfinale (7,59 Sekunden) und im Endlauf (7,58) jeweils eine persönliche Bestzeit lief und am Ende EM-Fünfter wurde. „Erfahrene Athleten wie Ralf Bartels geben diesem jungen Team Stabilität. Und für uns junge Athleten ist es wichtig, Erfahrungen zu sammeln. Dafür ist so eine Hallen-EM ideal“, sagte er.
Dass ein solcher Umbruch nicht ohne Rückschläge verläuft, wurde am Freitag ebenfalls deutlich. Da scheiterten die beiden Weitspringerinnen Melanie Bauschke (6,19 Meter) und Stefanie Voss (6,12) jeweils in der Qualifikation. Balnuweit erzählte aber auch, wie ein Großteil des Teams am Abend zuvor seinen Kapitän Bartels bei der Kugelstoß-Qualifikation unterstützt hatte. Für Cheftrainer Idriss Gonschinska ist so etwas immer ein besonders wichtiges Zeichen. „Es geht hier in Göteborg nicht darum, Druck aufzubauen, sondern es geht um die Entwicklung der Nationalmannschaft“, sagte er. Die solle sich „als geschlossenes Team beweisen“.