Zehnkämpfer Behrenbruch muss um WM zittern
Götzis (dpa) - Als die Zehnkämpfer zum Hürdensprint bei der WM-Qualifikation in Götzis antraten, brauste Pascal Behrenbruch schon mit dem Auto zurück nach Frankfurt am Main.
„Beim Frühstück ging es mir schon miserabel“, sagte der Europameister der Nachrichtenagentur dpa. „Mein Trainer Andrej Nazarov hat mir klar gemacht, dass das Risiko zu groß ist.“
Bei Kälte und Regen reichte es für den 28-jährige Athleten in den ersten fünf Disziplinen nur zum 13. Platz und 3966 Punkten - zu wenig um die Norm für die WM im August in Moskau deutlich zu übertreffen. Da auch seine Olympia-Mitstreiter Jan Felix Knobel (Frankfurt/Main) und Rico Freimuth (Halle) ihre Wettkämpfe abbrachen, kommt es nun zum Ausscheidungs-Finale am 15./16. Juni in Ratingen.
„Der Druck ist jetzt natürlich da, weil es die letzte Chance ist und nur noch zwei WM-Fahrkarten zu vergeben sind“, weiß Behrenbruch. Ein Ticket nach Moskau hat bereits der Leverkusener Michael Schrader sicher, der bei einem Meeting in Ulm 8427 Punkte erkämpfte und die WM-Norm von 8200 Zählern klar übertraf. Behrenbruch will nun nach Tallinn/Estland fliegen, um sich dort drei Wochen lang in Ruhe auf den Zehnkampf-Showdown in Ratingen vorzubereiten.
Dass er vor den Toren Düsseldorfs den WM-Start schaffen kann, ist für den Leitenden Bundestrainer Mehrkampf Claus Marek nicht sicher: „Pascal ist nicht so explosiv wie im letzten Jahr.“ Allerdings kommen den Zehnkampf-Verantwortlichen längst keine aufmunternden Worte mehr für den eigenwilligen Topathleten über die Lippen - das Tischtuch ist zerschnitten, die Kommunikation eingestellt.
„Ich weiß von nix, er hat sich nicht abgemeldet“, gab Zehnkampf-Bundestrainer Rainer Pottel an, nichts von der Abreise Behrenbruchs aus Götzis gewusst zu haben. „Pascal geht einen ganz eigenen Weg. Es gibt Typen, die Konfrontation brauchen, um Energie zu erhalten“, urteilte Marek und versicherte, dass dies kein Problem sei: „Wir sind ja keine Fußball-Mannschaft.“ Außerdem sei es doch eine super Sache für Funktionäre, so einen Athleten zu haben: „Wenn er gewinnt, gewinnen wir alle.“
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) hat seinem „Enfant terrible“ nach dem EM-Titelgewinn Zugeständnisse gemacht. „Ich bin komplett von der Nationalmannschaft befreit“, erklärte Behrenbruch und behauptet: „Alles ist perfekt auf einer guten Wohlfühlebene.“
Keineswegs optimal lief es auch für den Olympia-Sechsten Rico Freimuth, der über 100 Meter mit einer Bestleistung von 10,54 Sekunden auftrumpfte, aber wegen einer Wirbelprellung nach drei Disziplinen aufgeben musste. „Meine Form ist blendend. Ich mache mir keine Sorgen“, sagte Freimuth optimistisch. „Wenn ich durchkomme, mache ich auch die Punkte. Nun muss ich bis Ratingen gesund werden.“
Dagegen trat Jan Felix Knobel schwach auf und warf nach zwei Disziplinen das Handtuch. „Wenn ich noch eine ordentliche Saison haben will, musste ich aufhören“, sagte Knobel. Seine WM-Aussichten beurteilt Marek jedoch pessimistisch: „Bei ihm fehlt nicht nur der Feinschliff.“
Sollte Knobel in Ratingen patzen, könnte noch Johannes Hock (21) ins WM-Spiel kommen. Der Leverkusener hatte in Waco/USA 8293 Punkte erzielt, die nach Irritation um die Windregel vom Weltverband IAAF nun offiziell anerkannt wurden. Wenn in Ratingen nur ein Zehnkämpfer die 8200-Punkte-Marke übertreffen sollte, wäre Hock in Moskau dabei.