Bradl hat Podium fest im Visier: „Brauchen noch Zeit“
Hohenstein-Ernstthal (dpa) - An das Gefühl würde sich Stefan Bradl nur allzu gerne gewöhnen. Beim Heim-Grand-Prix auf dem Sachsenring absolvierte der Honda-Motorradpilot seine ersten Führungskilometer in der MotoGP.
Doch die (noch) ungewohnte Perspektive brachte ungeachtet des emotionalen Hochgefühls auch umgehend negative Effekte mit sich. Bradl machte sich Gedanken. „Da geht einem viel durch den Kopf“, bekannte der Zahlinger. Auch wenn es am Ende nicht zum Podest reichte, mit Platz vier schaffte er sein bestes Ergebnis in der Königsklasse.
Was dachte Bradl, als er in Führung liegend mit fast 300 Sachen über die Start- und Zielgerade schoss? „Es waren meine ersten Führungskilometer in der Königsklasse, da möchte man wirklich keinen Fehler machen, und da war ich wohl ein bisschen zu defensiv“, meinte der Bayer. Bereits am kommenden Wochenende will der Moto2-Champion von 2011 in Laguna Seca den erneuten Versuch unternehmen, als erster Deutscher in der MotoGP auf das Podium zu fahren. Der letzte Deutsche auf dem Podest in der höchsten Motorradklasse war 1989 Michael Rudroff. In Mugello profitierte er in der damaligen 500-ccm-Klasse jedoch vom Boykott der Stars.
Für solche Statistiken interessiert sich Bradl - wenn überhaupt - allenfalls am Rande. Er blickt nur voraus. „Ich fahre mit guten Erwartungen nach Laguna Seca. Es ist eine sehr schwere Strecke, und es wird wieder ein anspruchsvolles Rennen“, meinte er: „Ich muss schauen, dass ich mich beim Training locker erholen kann, und am Mittwoch geht es in der Früh schon nach Amerika.“
Nach zwei Stürzen zu Saisonbeginn hat sich Bradl stabilisiert und gezeigt, dass er über kurz oder lang den Sprung auf das Podium schaffen wird. Er weiß aber auch, dass der Vorstoß in die absolute Weltspitze nicht von heute auf morgen klappt. „Wir müssen noch arbeiten und brauchen noch ein bisschen Zeit, um den Abstand nach vorne zu verringern und mit dem Podium mithalten zu können. Ich glaube, es gibt keinen Grund, Bedenken zu haben. Wenn man die Geduld nicht hat, dann müssen diejenigen halt einen Besseren aus Deutschland suchen, aber ich kenne keinen“, erklärte Bradl angriffslustig.
Auf dem Sachsenring hatte Bradl Probleme mit der Geschwindigkeit, vor allem in den Kurven. „Ich konnte auf der Seitenkante nicht so viel Kurvenspeed mitnehmen wie die anderen und musste das Motorrad immer so schnell wie möglich aufrichten. Das ist ein bisschen der Honda-Stil. Wie Marc Marquez das macht, weiß ich auch nicht. Ich habe unter dem Helm gedacht: Wahnsinn, wie der Kerl das Ding um die Kurven bringt“, sagte Bradl über seinen Dauerrivalen. MotoGP-Rookie Marquez übernahm dank des Sieges auf dem Sachsenring die WM-Führung. Titelverteidiger Jorge Lorenzo und der bis dato Führende Dani Pedrosa fehlten aber verletzungsbedingt beim Deutschland-Rennen.
Während die MotoGP in Laguna Seca fährt, haben die Moto2- und Moto3-Asse eine Verschnaufpause. Sie greifen erst wieder am 16. August in Indianapolis ins Renngeschehen ein. Sandro Cortese will sich regenerieren und hofft auf die zweite Saisonhälfte. „Gerade da kommen Strecken, die mir mehr liegen. Und es kommt sicher ganz von allein der Zeitpunkt, wo ich in die Top Ten fahre“, meinte der in die mittlere Klasse aufgestiegene Moto3-Weltmeister. Dort ist er derzeit nur Lehrling.
Der als Achter enttäuscht vom Sachsenring abgereiste Jonas Folger würde derweil lieber gleich weiterfahren. „Wir hatten gehofft, dass wir bei jedem Rennen auf dem Podium stehen. Jetzt müssen wir uns zusammensetzen und analysieren, was wir machen. Weil uns fehlt etwas im Vergleich zur Konkurrenz“, sagte der 19 Jahre alte Moto3-Pilot.