Bradl schreibt Geschichte: Erster Titel seit 1993

Valencia (dpa) - Auf seiner ersten Dienstfahrt als neuer Weltmeister sorgte Stefan Bradl mit einem Abflug für eine Schrecksekunde. Doch der folgenlose Sturz beim Saisonfinale in Valencia konnte seine Freude über den Titelgewinn und das Glückwunsch-Küsschen von Party-Girl Paris Hilton nicht trüben.

„Eine traumhafte Saison, in der alle Großartiges geleistet haben“, sagte Bradl. Schon vor dem Showdown in der Moto2-Kategorie stand der Zahlinger als erster deutscher Motorrad-Champion seit 18 Jahren fest, da Kontrahent Marc Marquez verletzungsbedingt nicht antreten konnte.

Der verpatzte Saison-Kehraus war für Bradl und die Crew des Viessmann-Kiefer-Racing-Teams aber leicht zu verschmerzen. „Natürlich hätte ich gern ein anderes Ergebnis zum Abschluss gebracht und es tut mir auch leid für alle Leute, die mir die Daumen gedrückt haben. Aber ich war bei den schwierigen Bedingungen vielleicht zu vorsichtig. Ich wollte nichts riskieren, dann passiert es gerade“, sagte der 21-Jährige. In das Rennen sei er mit einem „anderen Gefühl als sonst“ gegangen. „Weltmeister auf einem deutschen Motorrad - das fühlt sich gut an“, sagte der Pilot der Augsburger Kalex.

Als am Samstagnachmittag im Qualifying der Regen einsetzte, die Fahrer an die Boxen kamen und Marquez weg einer nicht ausgeheilten Sturzverletzung nicht auf die Strecke gegangen war, kannte der Jubel in der Bradl-Box keine Grenzen. Nach den nervenaufreibenden Tagen mit der quälenden Unwissenheit um Marquez löste sich jede Anspannung.

Beifall brandete auf, als Bradl in die Box kam. Ein großes Banner mit der Aufschrift „Weltmeister 2011“ wurde an der Wand angebracht, Bradls Helm-Ausrüster überreichte einen weißen Helm mit Goldschrift „World Champion“. Der 21-Jährige musste unzählige Hände schütteln, die Teammitglieder und ihre Familienangehörigen lagen sich zum Teil weinend in den Armen. Der erste deutsche WM-Titel seit Dirk Raudies 1993 sorgte für Euphorie.

Den nachfolgenden Interview-Marathon absolvierte der bayerische Schwabe, der in Valencia zum vierten Mal hintereinander die Zielflagge nicht sah, grandios. Ob auf Deutsch oder Englisch - die Weltpresse kam auf ihre Kosten und lernte den Champion von einer locker-sympathischen Art kennen. Erst kurz vor 21.00 Uhr am Samstagabend war das Frage-Antwort-Spiel beendet. „Der Titel ist eine große Ehre für mich. Ein Traum ist wahr geworden. Ich wollte immer einen Platz besser sein als Papa, jetzt hat es geklappt“, so Bradl.

In der Stunde des Erfolgs dachte der neue Weltmeister an den vor zwei Wochen beim Malaysia-Grand-Prix tödlich verunglückten Italiener Marco Simoncelli. „Wir haben einen Freund aus unserer MotoGP-Familie verloren. Das sollten wir respektieren und ihm zuliebe nicht überschwänglich werden“, sagte Bradl. Zur Weltmeister-Ehrung nach dem Rennen kam er mit einer Fahne, auf der stand: „Dieser Titel ist für Super Sic“. Auch Simoncellis Teamkollege Michele Pirro, der das letzte Moto2-Rennen der Saison gewann, widmete seinen ersten Grand-Prix-Sieg dem toten Landsmann.

Vor dem Start hatte alle Piloten auf der Start-Ziel-Linie ihres tödlich verunglückten Kollegen gedacht. Das gesamte Fahrerfeld drehte eine Ehrenrunde, angeführt von der Motorrad-Legende Kevin Schwantz auf der Gresini-Honda von Simoncelli. Anschließend schwiegen die Fahrer während eines zweiminütigen Feuerwerks zu Ehren von Simoncelli.