Formel 1 begeistert: „Vettel trägt indische Krone“

Greater Noida (dpa) - Die Rekordjagd nimmt kein Ende: Für Sebastian Vettel scheint es in der Formel 1 keine Grenzen zu geben. Auch nach der Titelverteidigung fährt der jüngste Doppel-Weltmeister von Sieg zu Sieg.

Er schreibt weiter Geschichte und erobert ganz nebenbei die Herzen des 1,2-Milliarden-Einwohner-Landes Indien im Sturm. „Heute bleibt nicht viel Luft für Fragezeichen“, verkündete der erste Sieger des neuen Großen Preises von Indien selbstbewusst.

Von Neu Delhis Zeitungen wurde der Dominator aus Heppenheim nach seiner erneut perfekten Vorstellung auf dem Buddh International Circuit sogleich zum Maharadscha von Indien ernannt. „Vettel trägt die indische Krone“, schrieb „Mail Today“. Auch in Europa verneigen sich die Medien vor dem Herrscher der Formel 1. „Der Weltmeister dominiert wie einst Schumi“, befand „La Gazzetta dello Sport“. Und die britische „Times“ meinte: „Vettel erweist sich als unschlagbar.“

Zurücklehnen und auf die neue Saison konzentrieren? Von wegen! Vettel will mehr. Einige Rekorde sind in dieser Saison noch drin. Fährt der schier Unbesiegbare auch bei den noch ausstehenden Rennen in Abu Dhabi und Sao Paulo jeweils zu Pole und Sieg, hätte der Heppenheimer weitere Meilensteine gesetzt. Und ganz nebenbei Rennsportlegenden wie Ayrton Senna, Alain Prost und Nigel Mansell hinter sich gelassen. Die meisten Poles in einer Saison wären ihm dann sicher. Nach Siegen in einem Jahr (13) hätte er mit Kumpel Michael Schumacher gleichgezogen. „Vettel findet nur noch Gegner in der Formel-1-Geschichte“, erkannte „La Repubblica“.

„Das Jahr ist noch nicht zu Ende. Es geht noch weiter“, sagte der extrem ehrgeizige Vettel. Mit zwei weiteren Siegen würde der 24-Jährige auch schon in diesem Jahr in die Top Ten der Fahrer mit den meisten Karrieresiegen vorstoßen. Bereits in Greater Noida übertraf er Mansells alte Bestmarke der meisten Führungsrunden in einem Jahr.

Vor den Toren der indischen Hauptstadt gelang ihm zum ersten Mal sogar der „Grand Slam“: Sieg, Pole Position, alle Führungsrunden und die schnellste Rennrunde. Das schafften nur ganz wenige. „Vettel ist schon zu Lebzeiten zu einer Legende geworden“, schrieb die spanische Zeitung „As“.

Doch Vettel setzt nicht nur auf dem Asphalt Maßstäbe. Auch abseits der Strecke ist er ein perfekter Botschafter der Formel 1. Mit seiner unbekümmerten Art verzückte er ganz Indien. Ein paar extra gelernte Brocken Hindi nach dem Rennen, viele lobende Worte für die Gastgeber - Vettel kommt an. „Ich bin fast ein wenig traurig, dass wir nicht mehr Zeit hatten“, erklärte der Champion fast wehmutig nach seinem ersten Besuch in diesem „sensationellen“ Land.

Vettel weiß, wie er die Herzen der Fans trifft. Auch Chefvermarkter Bernie Ecclestone dürfte die Charmeoffensive des Deutschen gefallen haben. Mit großen Erwartungen ist die Königsklasse des Motorsports gegen manche Kritik nach Indien gekommen, um am Wirtschaftswachstum des einstigen Entwicklungslandes teilzuhaben. Die Erwartungen wurden erfüllt. „Ich bin sehr, sehr zufrieden. Und ich denke, alle anderen sind es auch. Es gibt nichts, worüber man sich beschweren müsste“, sagte Ecclestone.

Anders als bei anderen Formel-1-Premieren in der Vergangenheit - etwa in Südkorea, Bahrain oder der Türkei - war die Begeisterung der Inder groß. Am Sonntag kamen 95 000 Menschen zum ersten Rennen und feierten eine fröhliche und ausgelassene Party. „Obwohl die Menschen hier so wenig haben, sind sie auf eine Weise reicher als viele Menschen in Europa“, erkannte nicht nur Vettel.

Das Potenzial auf dem Subkontinent ist groß, die Begeisterung für den Motorsport ist da. In Mumbai ist bereits eine weitere Rennstrecke in Planung. Wer will angesichts des Stolzes der Menschen, das erste Formel-1-Rennen auf indischem Boden erfolgreich ausgerichtet zu haben, ernsthaft einige Kinderkrankheiten kritisieren? „Ich bin mir sicher, die kleineren Sachen hier und da werden nächstes Jahr behoben sein“, sagte Vettel. „Sebastian Vettel ist der Champ, Indien der Gewinner“, brachte es das Blatt „Hindustan Times“ auf den Punkt.