Mercedes unter Druck Formel-1-Weltmeister Rosberg genießt Abschiedstour

Wien (dpa) - Seine Formel-1-Abschiedstournee kostet Nico Rosberg nochmal so richtig aus, unter Hochdruck muss Branchenprimus Mercedes nun einen Nachfolger für den Weltmeister finden.

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Nach dem völlig überraschenden Rücktritt des gebürtigen Wiesbadeners beginnt der darauf komplett unvorbereitete Rennstall die Suche nach einem neuen Teamkollegen für Lewis Hamilton bei Null. „Einen Ersatz für Rosberg zu finden, wird ein echtes Problem. Unsere Fahrerpaarung war die beste, die man haben kann“, sagte Teamaufsichtsrat Niki Lauda „Auto, Motor und Sport“.

Vier teils vergiftete Rosberg-Hamilton-Jahre bei den Silberpfeilen sind nun Geschichte. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff beginnt die Suche nach Mister X nach eigener Aussage am Montag. Aber schon in der Wiener Hofburg bei der Saisonabschlussgala des Motorsportweltverbands FIA wurde eifrig über den Neuen spekuliert.

„Er hinterlässt ein riesiges Erbe“, würdigte Wolff indes die Leistung Rosbergs und lobte seinen mutigen Entschluss. „Irgendwie bewundern wir das alle, als Bester und auf dem Gipfel zurückzutreten.“ Wolff weiß aber selbst, dass die Nachfolgersuche kompliziert wird. Alle Top-Piloten wie Sebastian Vettel und Fernando Alonso stehen längst für 2017 bei anderen Teams fest unter Vertrag. Ein naheliegende Lösung wäre daher Mercedes-Zögling Pascal Wehrlein, der aber 2016 für Manor gerade erst seine Debütsaison bestritten hat.

„Wir haben eine Vielzahl von Optionen, auch arrivierte Fahrer. Wir schauen uns jetzt die Verträge an“, sagte Wolff, der Fahrer aber nicht mit juristischen Mitteln aus laufenden Verträgen herausholen will. Wehrlein und Esteban Ocon hätten indes gute Chancen. „Wir haben ein Junior-Programm, und wir haben zwei, meiner Meinung nach, der talentiertesten jungen Fahrer da drinnen. Es wäre aufregend, einen der beiden im Auto zu haben“, sagte Wolff.

Mercedes habe nur „limitierte Möglichkeiten. Aber wir müssen und werden den Richtigen finden“, sagte Lauda im TV-Sender Sky. Ein Top-Fahrer mit Potenzial wäre Youngster Max Verstappen, der in Wien mit gerade einmal 19 Jahren schon zum zweiten Mal als Persönlichkeit des Jahres geehrt wurde. Lauda zufolge hat sich bei ihm aber bereits Red-Bull-Teamchef Christian Horner per SMS gemeldet: „Er meinte, wir sollen gar nicht erst über Max Verstappen und Daniel Ricciardo nachdenken. Die haben sehr gute Verträge.“

Mit dem Zeitpunkt von Rosbergs Rücktritt zeigte sich Lauda indes unzufrieden. „Er hat uns gar keine Anzeichen dafür gegeben“, sagte der Österreicher. „Nico hätte uns ja vorwarnen können: 'Wenn ich Weltmeister werde, dann höre ich auf.' Aber das hat er nicht getan.“ Stattdessen hatte Rosberg erst im Juli einen neuen Vertrag bis Ende 2018 bei Mercedes unterschrieben.

Die Gala in Wien war alleine Rosbergs schillernde Formel-1-Bühne, ehe er am Samstag im Mercedes-Benz-Werk in Sindelfingen von 17 000 Menschen begeistert empfangen wurde und in Berlin eine Wohltätigkeitsveranstaltung besuchte. Aus den Händen von FIA-Chef Jean Todt nahm der 31-Jährige in der Hofburg den so heiß ersehnten WM-Pokal entgegen, auf dem auch der Name seines Vaters Keke als Champion von 1982 eingraviert ist. „Das mit ihm zu teilen, ist ganz, ganz besonders“, meinte Rosberg junior, der nur wenige Stunden vor der Zeremonie die Formel-1-Welt geschockt hatte.

Rosberg zollte in dieser glamourösen Nacht auch nochmals Hamilton Respekt. „Er war ein unglaublicher Konkurrent über all die Jahre“, sagte der Deutsche, der den Briten vorab über seinen Entschluss aufgeklärt hatte. „Wir hatten einen so intensiven Kampf, deshalb dachte ich, dass es richtig wäre, ihn davon wissen zu lassen.“

Einen Rücktritt vom Rücktritt schloss Rosberg aus. „Ganz sicher nicht“, meinte er vehement auf die Frage, ob er sich zu einem Comeback hinreißen lassen könnte. „Ich habe meine Mission erfüllt, es ist erledigt.“ Zugleich räumte Rosberg ein, dass er bei einer erneuten WM-Niederlage gegen Hamilton seine Karriere fortgesetzt hätte. „Wenn ich Zweiter geworden wäre, wäre ich nächstes Jahr sicher wiedergekommen“, versicherte Rosberg.