Formel-1-Zielsprint mit vielen offenen Fragen
Austin (dpa) - Auf der Zielgeraden der Saison steht die Formel 1 noch immer vor einer Reihe ungeklärter Fragen. Im Schatten des Titelthrillers zwischen Sebastian Vettel und Fernando Alonso geht es für viele andere noch um viel Geld - und für manche sogar um die Existenz.
In der Teamwertung wird um die Plätze und die damit verbundenen Vermarktungsmillionen gestritten, zudem sind neun Cockpits für 2013 noch unbesetzt. Dem HRT-Rennstall droht sogar das Aus. Und auch der neue Rennkalender wackelt wegen der Krise am Nürburgring noch immer.
Die letzte Grand-Prix-Woche der Saison mit dem USA-Comeback in Austin am Sonntag und dem Finale in Brasilien sieben Tage später hat es in sich. Den Konstrukteurstitel hat Red Bull erneut so gut wie sicher, dahinter aber ist noch einiges offen. Ferrari und McLaren duellieren sich um Platz zwei in der Wertung, die über die Verteilung der Einnahmen entscheidet.
Brisant ist auch die Jagd des Sauber-Teams auf Mercedes im Kampf um Rang fünf. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug versicherte jedoch in Texas, dass die auf dem Spiel stehenden Millionen keinen Einfluss auf die Planung des um Anschluss ringenden Teams haben würden. Das Schweizer Privatteam Sauber könnte eine zusätzliche Finanzspritze indes gut gebrauchen. „Wir müssen uns auf die eigene Leistung konzentrieren. Wenn wir die optimal abrufen können, dann haben wir eine Chance“, sagte Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn.
Um Planungssicherheit geht es auch für Timo Glocks Arbeitgeber Marussia. Als Zehnter ist das Team derzeit das bestplatzierte der drei Hinterbänkler und würde gerade noch ein paar Millionen aus Ecclestones Topf bekommen. Caterham und HRT gingen dagegen leer aus.
Vor allem HRT drohen durch die anhaltende Erfolglosigkeit und das Auslaufen der dreijährigen Starthilfe für Neueinsteiger bittere Konsequenzen. Die Besitzer haben ihre Anteile bereits zum Verkauf angeboten, die Rede ist von einer möglichen Abwicklung des Teams schon Anfang Dezember. „Es sind noch zwei Rennen, wir sind Profis und müssen unseren Job machen“, sagte HRT-Pilot Pedro de la Rosa in Austin etwas hilflos.
Der Routinier aus Spanien hat eigentlich noch einen Vertrag für die neue Saison, könnte aber am Jahresende ebenso auf der Straße stehen wie Stallkollege Narain Karthikeyan. Auch Sauber-Pilot Kamui Kobayashi, das Williams-Duo Pastor Maldonado und Bruno Senna, die Caterham-Piloten Heikki Kovalainen und Witali Petrow sowie Charles Pic von Marussia haben ihren Platz für 2013 noch nicht sicher. Frei ist zudem das zweite Cockpit bei Force India neben Paul di Resta.
Offen ist auch, wie viele Rennen das Fahrerfeld im kommenden Jahr bestreiten wird. Der geplante Grand Prix in New Jersey ist schon verschoben, auch der Große Preis von Deutschland ist unsicher. Der Streit zwischen Pächtern und Sanierern am Nürburgring behindert die Verhandlungen mit Ecclestone. Um weiter auf 20 Rennen zu kommen, ist unter anderem ein Frankreich-Comeback der Formel 1 im Gespräch. Aber auch hier gibt es bislang mehr Fragen als Antworten.
Sogar der Formel-1-Boss selbst ist ein Unsicherheitsfaktor. In der Schmiergeld-Affäre um den früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky droht Ecclestone eine Anklage aus München. Die Bank fordert 400 Millionen Dollar Schadenersatz vom Briten wegen seiner dubiosen Rolle beim Verkauf der Formel 1 an die Investmentfirma CVC. Im Fall einer Anklage könnte sich Ecclestone wohl nicht mehr an der Spitze des Grand-Prix-Zirkus halten. Dann allerdings würde die Formel 1 urplötzlich vor einem Berg ganz neuer Fragen stehen.