Bahrain-Kontroverse: „Nur Sport, keine Politik“

Sakhir (dpa) - Das Formel-1-Rennen in Bahrain steht im Zentrum einer Kontroverse. Die Entscheidung, den Grand Prix trotz der unruhigen Lage im Golfstaat auszutragen, hat der Königsklasse viel Kritik eingebracht.

Was hat die Debatte ausgelöst?

Im „Arabischen Frühling“ vor einem Jahr kam es auch in Bahrain zu blutigen Unruhen. Deshalb war das Formel-1-Rennen im Golfstaat in der Vorsaison abgesagt worden. Gelöst worden sind die Probleme in Bahrain seither nicht. Die schiitische Bevölkerungsmehrheit verlangt weiter Reformen von der sunnitischen Königsfamilie. Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten, Royalisten und Polizei.

Wie schätzen Experten die Lage ein?

Menschenrechtsorganisationen berichten noch immer von schweren Verstößen in Bahrain. Amnesty International spricht von „Folter und unnötiger und ausufernder Gewalt gegen Demonstranten“. Und die renommierte International Crisis Group veröffentlichte sogar eine Risikowarnung. „Unter einer Fassade der Normalisierung schlittert Bahrain auf einen neuen Ausbruch der Gewalt zu“, lautete das Urteil.

Was sagen Bahrains Regierung und die Renn-Organisatoren?

Kronprinz Salman bin Hamad Al-Chalifa mahnte, die Politik dürfe nicht über den Sport entscheiden. Der Thronerbe war eine der treibenden Kräfte für den Bau des Bahrain International Circuit. Streckenchef Zayed Al Zayani sieht die Formel 1 nicht als Angriffsziel für die Proteste. „Es ist nicht Afghanistan, es ist nicht Syrien“, sagte er. Scheich Abdulla bin Isa Al-Chalifa, Mitglied der Königsfamilie und einer von 26 Funktionären im Motorsport-Weltrat, beteuerte: „Ich kann garantieren, dieser Grand Prix ist so sicher wie jeder andere.“

Wie ist die Position des Automobil-Weltverbands FIA?

„Wir sind nur am Sport interessiert, nicht an der Politik“, sagte FIA-Präsident Jean Todt. Der Verband habe sich bei Vertretern der Regierung, bei Botschaften, den Nachbarländern und europäischen Außenministerien über die Situation in Bahrain informiert. Die Verantwortung der FIA sei, die Sicherheit für Teilnehmer und Besucher des Rennens zu gewährleisten. „Das wird der Fall sein“, versprach Todt.

Was sagt die Formel 1?

Chefvermarkter Bernie Ecclestone setzte sich vehement für das Gastspiel in Bahrain ein. Für ihn stehen viele Millionen an Antrittsgeld auf dem Spiel. Er brachte die Teams auf Linie und stellte die Unabhängigkeit der Urteile von Menschenrechtlern infrage. Konzerne wie Mercedes und Ferrari haben ebenso wirtschaftliche Interessen in der Region wie die Rennställe McLaren und Williams. Von den Teams gab es daher offiziell keine Widerworte. Auch die meisten Fahrer sagten nichts gegen den Bahrain-Auftritt. Nur Red-Bull-Fahrer Mark Webber ließ moralische Bedenken anklingen.

Was machen die TV-Sender?

RTL und Sky werden das Rennen wie gewohnt übertragen. Sky Deutschland schickt aber keine eigenen Mitarbeiter nach Bahrain. „Die Situation ist zu unübersichtlich und zu gefährlich“, erklärte Sprecher Dirk Grosse. RTL bemühte sich bis zuletzt vergeblich um ein Visum für Auslandsreporterin Antonia Rados. Politische Journalisten scheinen derzeit unerwünscht in Bahrain.