Ritter im Rollstuhl: Sir Frank Williams wird 70
Shanghai (dpa) - Der Ritter im Rollstuhl kämpft um sein Formel-1-Vermächtnis. Sir Frank Williams feierte einst Erfolge in Serie mit seinem Rennstall, doch zu seinem 70. Geburtstag am 16. April wäre wohl schon die Garantie für ein langfristiges Überleben des Teams sein schönstes Präsent.
Noch immer feilscht der älteste Teamchef der Königsklasse mit Bernie Ecclestone um ein paar Millionen mehr aus dem neuen Grundlagenvertrag, um die Existenz des im Mittelmaß versunkenen Ex-Branchenführers zu sichern.
Der Name Williams steht wie nur wenige für Triumphe und Tragödien in der Formel 1. „Es war eine großartige Reise, ich würde es gern noch einmal tun, wenn ich jünger wäre - ich würde allerdings die Unfälle zu vermeiden versuchen“, bekannte Frank Williams einmal. Zwischen all den Titeln, sieben in der Fahrer-WM und neun bei den Konstrukteuren, bleiben auch die dunklen Stunden unauslöschlich in Erinnerung: Williams' tragischer Unfall und später der tödliche Crash seines Starpiloten Ayrton Senna.
1986 verunglückte Williams auf der Rückfahrt von Testfahrten in Frankreich mit dem Auto. Seither sitzt er im Rollstuhl. „Nach sechs, sieben Überschlägen fühlte ich einen stechenden Schmerz im Nacken. Ich wollte nach dem Sicherheitsgurt greifen, aber ich konnte nicht“, erinnerte sich der Brite. Doch der zielstrebige Offizierssohn ließ sich in seiner Motorsport-Leidenschaft auch von diesem Schicksalsschlag nicht bremsen.
McLaren-Mitbesitzer Ron Dennis befand sogar, der Unfall habe Williams zu einem noch gefährlicheren Rivalen gemacht, weil dieser nun gezwungenermaßen noch mehr Zeit zum Nachdenken habe. Tatsächlich sollte die erfolgreichste Zeit des Williams-Teams erst noch kommen. „Es ist unglaublich, dass er es so lange geschafft hat. Das zeigt seine unglaubliche Willensstärke“, sagte Mercedes-Pilot Nico Rosberg, der seine Formel-1-Karriere bei Williams begann.
Schon sein Vater war für Williams gefahren und 1982 Weltmeister geworden. Legenden wie Nelson Piquet, Nigel Mansell und Alain Prost holten für den Traditionsrennstall Titel. Die Formel-1-Ikone Senna hingegen fand 1994 in Imola im Williams den Tod. „Wir hatten eine große Verantwortung, weil wir ihm das Auto gaben, und wir haben ihn im Stich gelassen“, sagte Williams. Erst nach Jahren wurden er, Technikchef Patrick Head und Chefdesigner Adrian Newey in Italien vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen.
Krisen zu überstehen, darin ist Williams ein Meister. Schon als Siebenjähriger entdeckte er im schottischen Internat seine Liebe zu schnellen Autos, für eine große Fahrerkarriere fehlte ihm aber später das Geld. Also verdingte er sich als Mechaniker, verkaufte gebrauchte Rennwagen und gründete schließlich sein eigenes Team. Mehr als 40 Jahre hat er sein Herzensprojekt mit Hilfe cleverer Allianzen im Rennen gehalten. „Ich habe Frank als Vollblut-Racer kennengelernt“, sagte Nico Hülkenberg, der 2010 für Williams fuhr.
Nun geht Williams auf die Zielgerade seiner PS-Laufbahn. Ende März zog er sich aus dem Vorstand des Grand-Prix-Unternehmens zurück. Seine Tochter Claire übernahm den Posten. „Das ist die nächste Etappe des schrittweisen, aber unvermeidlichen Prozesses der Übergabe der Zügel“, erklärte Williams. Ganz loslassen vom Motoren-Spektakel aber wird der „Rollstuhl-General“ auch als 70-Jähriger wohl so schnell nicht.