Das ist Vettels neue Ferrari-Welt
Der vierfache Formel1-Weltmeister muss sich umstellen. Zeit bleibt ihm dafür nicht.
Düsseldorf. „Wenn du als Formel-1-Fahrer zu Ferrari gehst, kannst du deinen Pass wegwerfen." Dieser geflügelte Satz galt schon vor der Lauda-Ära Mitte der 1970er Jahre — und er gilt immer noch. So gesehen kann sich Sebastian Vettel, neuer Hoffnungsträger des legendären italienischen Rennstalls, in Zukunft nirgendwo mehr unerkannt bewegen.
Bisher hat noch jeder Pilot, der zu den Roten nach Maranello gewechselt ist, erklärt, dass die Aufmerksamkeit und der Enthusiasmus der Ferraristi mit nichts zu vergleichen ist. Der Druck der Öffentlichkeit ist allerdings auch wesentlich höher, als bei anderen Teams.
Vettel hat die Erwartungshaltung der Ferraristi nach einer komplett verkorksten Saison noch gesteigert. „Unsere Ziele sind hoch." Dieser Satz wird hängen bleiben bei den erfolgsverwöhnten Fans. Da hilft auch nicht Vettels Einschränkung: „Es hängt aber auch von der Form der anderen Teams ab. Wir haben einen Schritt gemacht, aber wir müssen sehen, wie groß der ist." Immerhin nennt der Heppenheimer als Saisonziel, zumindest die zweite Kraft hinter Mercedes zu werden. Dafür muss aber viel passen.
Die Ferrari-Verantwortlichen wissen (und berücksichtigen) mittlerweile, wie wichtig das Umfeld für einen Rennfahrer ist. Für Vettel ist natürlich fast alles neu. Der mächtige Fiat-Chef Sergio Marchionne, der als knallharter Manager gilt, ist nicht zu vergleichen mit Vettels Ex-Chef und Duz-Freund Dieter Mateschitz.
Gewöhnen muss sich der Ex-Champion auch an Teamchef Maurizio Arrivabene, der eher als PR-Experte gilt denn als Rennsportler. Der Renningenieur immerhin ist ein alter Bekannter. Mit Riccardo Adami hat Vettel bereits 2009 erfolgreich bei Toro Rosso zusammengearbeitet. Geblieben sind Vettels Sprecherin Britta Roeske, Psychotherapeut Antti Konstas und Peter Bürger, der sich um die Helme kümmert.
Es ist also angerichtet für die Mission, besser mittel- als langfristig den ersehnten Titel wieder nach Maranello zu holen. Vettels Teamkollege und Kumpel Kimi Räikkönen war es, der 2007 den letzten Fahrertitel für die Roten gewonnen hat. Diese Durststrecke soll der Heppenheimer beenden, dafür wurde er als bester Pilot der Gegenwart engagiert.
Und Vettel betritt große Fußstapfen, die sein Vorbild Michael Schumacher hinterlassen hat. 72 seiner insgesamt 91 Siege hat der legendäre Kerpener für Ferrari gewonnen, dazu zwischen 2000 und 2004 fünf Fahrertitel in Folge.
Da tröstet es Vettel vielleicht, dass auch Schumacher bei den Roten nicht gleich um Titel mitfahren konnte. Aber: Er hat in seiner ersten Ferrari-Saison drei Rennen gewonnen, mit einem Wagen, „mit dem man gar nicht gewinnen kann", wie dessen Teamkollege Eddy Irvine damals staunend erklärte.