Zögern und Zocken Das Rennen um die besten Formel-1-Cockpits

Spa-Francorchamps (dpa) - Sebastian Vettel zögert noch. Und auch bei Lewis Hamilton schwingt immer ein Hauch von Ungewissheit mit. Die beiden Weltmeister-Duellanten bestimmen derzeit ungewollt auch das Tempo auf dem Fahrermarkt der Formel 1.

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Dabei geht es um die mittelfristige Zukunft, 2019 könnte das Personal in den Top-Teams der Motorsport-Königsklasse mächtig rotieren. Dem Vernehmen und den tatsächlichen Informationen zufolge ist keiner der Piloten von Ferrari, Mercedes und Red Bull - und damit der drei dominierenden Teams - über 2019 hinaus an einen Rennstall gebunden.

FERRARI:

Was macht Vettel? Seit 2015 fährt er für die Scuderia, soll sie wieder zu Ruhm und Erfolg führen, am besten wie einst Vorbild Michael Schumacher. In Jahr drei von Vettels Engagement stehen die Chancen auf den Titel erstmals richtig gut. Der Heppenheimer führt die Meisterschaft vor dem Start in den zweiten Saisonabschnitt beim Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps mit 14 Punkten vor Hamilton im Mercedes an. Eigentlich beste Voraussetzungen für einen neuen Vertrag.

Aber Vettel zögert. Keine Neuigkeiten, auch nicht vor dem Ferrari-Heimrennen im italienischen Monza in gut einer Woche. Obwohl sein Kollege Kimi Räikkönen als Fahrer auch für 2018 bereits bestätigt wurde. Legt sich Vierfach-Weltmeister Vettel auf einen Verbleib fest, wird vor allem entscheidend sein, wie lange.

Ein Wechsel des 30-Jährigen zu Mercedes wird immer wieder mal gehandelt, ein Pascal Wehrlein oder Nico Hülkenberg scheinen kaum adäquate deutsche Alternativen für ein Cockpit im deutschen Werksteam zu sein. Aber solange Hamilton bei Mercedes fährt, wird Vettel nicht kommen, ist der Brite überzeugt. Vettel wolle nicht an seiner Seite antreten. Der Heppenheimer werde bei Ferrari bleiben, meint auch Mercedes-Teamaufsichtsratschef Niki Lauda. „Daher ist er für uns kein Thema“, sagte er in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“.

MERCEDES:

Aber wie lange fährt Hamilton noch bei Mercedes und überhaupt? Er wirkt fest entschlossen in diesen Tagen nach der Sommerpause, Titel Nummer vier am Ende dieser Saison zu holen. Von PS-Müdigkeit ist bei dem 32-Jährigen derzeit nichts zu spüren. Aber bei Hamilton weiß man nie. Er scheint nach Instinkt zu fahren und zu leben. Sein Vertrag gilt noch bis Ende 2018. Der von seinem finnischen Teamkollegen Valtteri Bottas läuft nach dieser Saison aus.

So wie durch den Adhoc-Abschied von 2016er-Weltmeister Nico Rosberg will sich Mercedes nicht noch einmal überrumpeln lassen. Teamchef Toto Wolff arbeitet bereits an Alternativ-Lösungen. „Wir haben einen Plan A, danach gibt es einige andere Varianten, denn der Fahrermarkt wird sich 2018 und 2019 sehr verändern“, sagt der Motorsportchef von Mercedes: „Es ist wichtig, auch Plan B oder C zu haben.“

RED BULL

Hier sitzt wohl der begehrteste Fahrer mit Blick auf die kommenden Jahre: Max Verstappen. 19 Jahre jung, fährt aber bereits seine dritte Saison. Sein Vertrag soll bis 2019 gültig sein. Ob er eine Ausstiegsklausel bei ausbleibendem Erfolg hat, ist nicht bekannt. Keines der Top-Teams kann es sich wohl erlauben, den in Belgien geborenen Niederländer nicht mit auf die Rechnung zu nehmen. Keine schlechte PS-Partie ist auch Daniel Ricciardo. Der 28 Jahre Australier ist neben seinem sportlichen Können auch ein PR-Gewinn für jedes Team mit seinem erfrischenden Auftreten. Es soll auch mindestens bis Ende 2018 an Red Bull gebunden sein.

DER REST

Das interessanteste Spekulationsobjekt ist Fernando Alonso, Weltmeister von 2005 und 2006, der nach den nervenden Erfolglos-Jahren mit McLaren endlich da fahren will, wo ihn alle eigentlich sehen: ganz vorne. Alonso ist allerdings auch schon 36 Jahre alt. Sein aktueller Vertrag endet nach dieser Saison. Er könnte sicher eine Kurzzeit-Lösung sein. Eine Rückkehr beispielsweise zu Mercedes, wo er mit Hamilton 2007 für einen Dauerzwist sorgte, der seinesgleichen suchte, scheint aber kaum vorstellbar.

Aus deutscher Sicht geht es für Wehrlein in diesen Wochen um die Zukunft. „Es geht jetzt los“, sagt Wehrlein und meint die Verhandlungen für 2018. Bei Sauber könnte es schwer werden, Motorenpartner Ferrari dürfte darauf drängen, einen seiner Nachwuchspiloten beim Schweizer Team unterzubringen. Für Wehrlein, den 22 Jahre alten Piloten aus der Mercedes-Schmiede, könnte es dann eng werden mit einem Cockpit in der Königsklasse. Ob es für den ehemaligen DTM-Gewinner einen Plan B gibt, ist offen. „Wehrlein versuchen wir unterzubringen“, versicherte Lauda.