Ecclestone verabschiedet sich für 100 Millionen
München (dpa) - Zum Abschied gab sich Formel-1-Boss Bernie Ecclestone wie ein Gentleman.
Mit einem höflichen Handschlag und warmen Worten verabschiedete sich der 83 Jahre alte Engländer nach der Einstellung seines Bestechungsprozesses bei seinem Richter, dem Staatsanwalt, der Dolmetscherin und dem Stenografen. Seine Frau Fabiana Flosi tätschelte ihm kurz die Schultern - und dann war er weg.
Vergessen wird den 1,58-Meter-Mann im Münchner Landgericht aber wohl niemand. Die Geldauflage von 100 Millionen Dollar, die Ecclestone binnen einer Woche überweisen muss, dürfte in die Rechtsgeschichte eingehen.
Zwar werden jedes Jahr Tausende Strafprozesse vor deutschen Gerichten gegen eine Geldauflage eingestellt. So viele Millionen musste aber noch nie ein Angeklagter auf den Tisch legen. Für den schwer reichen Ecclestone ist die Summe kein Problem - und der Prozess damit für ihn nach gut drei Monaten Dauer aus der Welt.
„Ich werde der Auflage nachkommen, so dass ich leider die Herren und Damen nicht mehr persönlich wiedersehen werde“, verabschiedete er sich und wünschte allseits alles Gute und Gesundheit. „Bye, bye“, rief er auf den letzten Metern zu seiner Limousine.
Nun kann sich die bayerische Staatskasse auf 99 Millionen Dollar freuen. Eine Million Dollar gehen in den nächsten Tagen auf das Konto der Kinder-Hospizstiftung. Ecclestone hat versprochen, dass er den Geldschwund auf seinen Konten spürt - aber davon nicht überfordert ist. Sein größtes Problem ist er damit auf jeden Fall los und darf weiter Formel-1-Chef bleiben.
Für ihn lief der Prozess von Anfang an gut. Der Hauptvorwurf der Bestechung eines Amtsträgers geriet schnell ins Wackeln. Denn Ecclestone konnte wohl keinesfalls erkennen, dass der Banker Gerhard Gribkowsky für eine staatliche Bank arbeitete, als er ihm 44 Millionen Dollar überwies.
Gribkowsky sei so arrogant aufgetreten wie ein Investmentbanker, sagte ein Zeuge - nicht wie ein Staatsbediensteter der BayernLB. Die Bestechung normaler Angestellter ist zwar auch strafbar, lässt sich aber vor Gericht viel schwerer belegen, da in dem Fall ein erkaufter Wettbewerbsvorteil nachgewiesen werden muss. Aber wo ist der Wettbewerb zur Formel 1?
Trotzdem wollte Ecclestone nicht darauf setzen, dass er am Ende freigesprochen wird. Denn das war natürlich nicht sicher und hätte noch bis Oktober dauern können - in der schnellen Welt der Formel 1 ist das eine Ewigkeit. „Die Hände der Justiz können überaus klebrig sein“, sagte sein Anwalt Sven Thomas.
Wofür die Millionen an Gribkowsky überhaupt flossen, wird sich wohl nie ganz aufklären lassen. Bestechung? Erpressung? Beide Männer erzählten vor Gericht andere Geschichten.
Aber für Gribkowsky endete der Prozess vor zwei Jahren im Gegensatz zu Ecclestone mit achteinhalb Jahren Haft. Er wusste, dass er ein Amtsträger war. Stark ins Gewicht fiel bei ihm auch die Steuerhinterziehung, die eine Einstellung nach dem Gesetz unmöglich machte.
Ecclestone hat das vorzeitige Ende seines Prozesses auch seinem hohen Alter zu verdanken. Seine Anwälte hatten argumentiert, dass der Prozess für ihn eine große Belastung ist. Auch der Staatsanwalt begründete seine Zustimmung unter anderem mit Ecclestones Alter.
Anzumerken war Ecclestone eine Altersschwäche vor Gericht aber keinesfalls. An allen insgesamt 21 Verhandlungstagen verfolgte Ecclestone das Verfahren mit seiner Dolmetscherin hochkonzentriert und machte sich regelmäßig Notizen.
Während andere Beteiligte an langen Prozesstagen im stickigen Saal 177 des Landgerichts immer mal um eine Pause baten, hielt Ecclestone eisern durch. „I'm fine“ (Mir geht es gut), sagte er jedes Mal, wenn der Richter ihn nach seinem Befinden fragte.
Trotzdem schienen ihm die Pausen zu gefallen. Dann plauderte er mit seiner Frau Fabiana, die das Verfahren stets im Zuschauerraum verfolgte, stellte das Englisch der Justiz-Wachtmeister auf die Probe oder scherzte mit seiner Dolmetscherin. Auch Autogrammjäger bekamen im Gericht ihre Chance auf das begehrte „Bernie“ in gestochener Schrift. Selbst nach der Einstellung des Prozesses gab Ecclestone einem Fan noch schnell ein Autogramm.
Sein Privatjet wird nun nicht mehr jede Woche in München landen. Sobald die Millionen dort eingegangen sind, ist Ecclestone seinen Prozess endgültig los. Eine Revision gibt es bei der Einstellung eines Strafprozesses nicht und Ecclestone kann seine ganze Energie wieder in die Formel 1 stecken. Sein Ziel hat er damit erreicht.