Einstellung von Strafprozessen kommt häufig vor
München (dpa) - Die Einstellung von Strafprozessen gegen eine Geldauflage ist kein Privileg für Reiche.
Auch kleinere Verfahren wegen Unfällen im Straßenverkehr oder Betrugs enden vor deutschen Gerichten häufig mit der Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage oder gemeinnützige Arbeit. Allein in Bayern waren es nach Justiz-Angaben im vergangenen Jahr mehr als 6000 Prozesse.
Selten geht es dabei aber um Millionensummen wie im Bestechungsprozess gegen Formel-1-Boss Bernie Ecclestone vor dem Landgericht München. Er muss innerhalb von einer Woche die Rekordsumme von 100 Millionen Dollar (fast 75 Millionen Euro) zahlen.
Welche Vorteile hat die Einstellung für Ecclestone?
Er gilt nach der Einstellung des Verfahrens offiziell als unschuldig und ist nicht vorbestraft. Auch eine Revision ist nicht möglich, da alle Prozessbeteiligten der Einstellung zustimmen müssen. Somit wird das Verfahren also endgültig beendet und hat kein juristisches Nachspiel mehr. Trotzdem gibt es auch Fälle, in denen die Angeklagten keine Einstellung gegen eine Geldauflage möchten: Vor allem dann, wenn sie sicher sind, dass sie ohnehin freigesprochen werden. Das wollte Ecclestone aber nicht riskieren, zumal der Prozess dann wohl noch bis Oktober gedauert hätte.
Wann dürfen Richter einen Strafprozess gegen Geldauflage einstellen?
Nach der Strafprozessordnung ist dies nur bei einer geringen Schuld möglich. Daher greift der entsprechende Paragraf 153a vor allem dann, wenn die Vorwürfe der Anklage nicht schwer wiegen oder sich im Prozess nicht klar beweisen lassen. Bei einem schweren Verbrechen wie einem Mord ist die Einstellung also nicht möglich. Besonders kleinere Verkehrsdelikte enden häufig mit der Einstellung gegen eine Geldauflage. Mit einem Deal, also einer Absprache über das Strafmaß, hat die Einstellung aber nichts zu tun.
Wieviel Geld muss bei einer Einstellung gezahlt werden?
Das kommt darauf an, wie vermögend die Angeklagten sind. Die Höhe der Geldauflage soll zwar deutlich spürbar sein, sie aber nicht überfordern. Für einen Arbeiter mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3000 Euro wäre eine Geldauflage von 100 000 Euro daher kaum machbar. Anders sieht das bei Ecclestone aus: Er hat die Formel 1 zu einem Milliardengeschäft ausgebaut und galt lange als einer der reichsten Männer Englands. Für ihn hat eine spürbare Strafe damit naturgemäß eine andere Höhe als für einen Normalverdiener.
Wer bekommt das Geld von Ecclestone?
99 Millionen Dollar fließen an die bayerische Staatskasse. Sie muss davon nur die Kosten für das Verfahren übernehmen, die auf rund 15 000 Euro geschätzt werden. Seine Anwälte muss Ecclestone selbst bezahlen. 1 Million Dollar gehen an die Deutsche Kinderhospizstiftung. So ist es auch in der Strafprozessordnung vorgesehen: Das Geld soll demnach an die Staatskasse oder eine gemeinnützige Einrichtung fließen.
Warum wurde der Prozess gegen Ecclestones Widersacher Gribkowsky nicht eingestellt?
Der frühere BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky wurde 2012 zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er 44 Millionen Dollar von Ecclestone angenommen und nicht versteuert hat. Der Großteil der Haftstrafe entfiel auf die Steuerhinterziehung: Ab einer Höhe von einer Million Euro ist eine Freiheitsstrafe dafür fast immer unvermeidlich, der Prozess kann dann nicht wegen geringer Schuld eingestellt werden. Zudem wusste Gribkowsky selbst, dass er als Vorstand der BayernLB ein Amtsträger war, der kein Geld annehmen darf. Für Ecclestone war dies nach Einschätzung der Richter hingegen nicht klar erkennbar.