Ein Pfefferminzbonbon für Mr. Ecclestone

München (dpa) - Formel-1-Boss Bernie Ecclestone will keine Schwäche zeigen. Trotz einer schweren Erkältung mit Husten und Schnupfen kommt der 83-Jährige ins Münchner Landgericht und nimmt auf der Anklagebank Platz.

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Er will sich dem Vorwurf der Bestechung stellen. Das hat er von Anfang an gesagt. Und er hält Wort. Aber am sechsten Prozesstag kann der betagte Mr. Formel 1 nicht verbergen, dass es ihm nicht gut geht. Er ist heiser, muss immer wieder husten und Taschentücher hervorholen. Nach zwei Stunden spricht der Richter Peter Noll ein Machtwort und unterbricht den Prozess bis zum nächsten Tag, um Ecclestone nicht weiter zu belasten. „Sie sehen ein wenig erschöpft aus.“

Ecclestone selbst hatte aber gar nicht um die Pause gebeten. Im Gegenteil: Auf mehrfaches Nachfragen des Richters nach seinem Befinden antwortete er stets, ihm gehe es gut („I'm okay“). Auch das Angebot seiner Dolmetscherin, ihm einen Tee zu besorgen, lehnt er dankend ab. Erst als ein Wachtmeister ihm ein Pfefferminzbonbon hinhält, greift er zu. Mit seiner zähen Verfassung hatte der Formel-1-Boss schon die Staatsanwälte während der Ermittlungen beeindruckt. Aber auch er ist nicht unverwüstlich. „Wenn Sie Herrn Ecclestone fragen, geht es ihm immer blendend“, sagt sein Anwalt Sven Thomas dem Richter und bittet ihn darum, den Angeklagten zu schonen.

Seine Kräfte müssen schließlich noch lange reichen: Bis zum Sommer stehen noch 20 weitere Verhandlungstage fest. Bis jetzt hat Ecclestone gut durchgehalten: Ohne zu Murren folgte er dem Prozess, ließ sich die Zeugenaussagen von seiner Dolmetscherin übersetzen, machte sich Notizen und war zwischendurch immer wieder zu Scherzen aufgelegt.

Die Vorwürfe gegen ihn sind gewichtig: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dem bayerischen Banker Gerhard Gribkowsky mit 44 Millionen Dollar bestochen zu haben. Damit wollte er laut Anklage Einfluss auf den Käufer der Formel 1 nehmen und somit seinen Job an der Spitze sichern. Die Mehrheit gehörte bis 2006 der bayerischen Landesbank und Ecclestone kam nicht an Gribkowsky vorbei.

Der Banker hat sich später quasi aus Versehen ans Messer geliefert: Er ging nach Weihnachten 2010 selbst zur Staatsanwaltschaft München, um sich zu einem Zeitungsbericht der „Süddeutschen Zeitung“ über seine Vermögenslage zu äußern, über den er sich geärgert hatte. Die Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl hatte ihn damals vernommen - und schnupperte schnell Verdacht, dass im Hause des Bankers nicht alles mit rechten Dingen zuging. „Welcher Vorstand der Landesbank hat denn eigentlich 50 Millionen?“ wollte sie wissen - und hörte danach eine Menge „Geschichten“, wie sie die Schilderungen des Bankers am Dienstag als Zeugin bezeichnete.

Unter anderem war von einer Stiftung für die Eltern krebskranker Kinder die Rede, die sich später weitgehend als schöner Schein herausstellte und nur einmal eine winzige Summe ausgezahlt hatte. Auch eine Schilderung über Ecclestones langjährigen Vertrauten Stephen Mullens stellte sich nach Angaben der Staatsanwältin als nicht korrekt heraus. Gribkowsky habe ihr damals erzählt, Mullens spreche perfekt Deutsch. Als sie ihn darauf ansprach, musste er widersprechen: „Er sagte, er kann nur das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht““. Nicht mal den Titel des Weihnachtsliedes habe er aber korrekt ausgesprochen sondern gesagt: „Stillige Nacht“.

Gribkowsky ist die weihnachtliche Stimmung nach der Vernehmung schnell vergangen: Anfang Januar 2011 landete er im Gefängnis und durfte bis heute nicht in seine Villa zurückkehren. Mit dem Begriff „Geschichten“ lieferte die Staatsanwältin den Verteidigern Ecclestones vermutlich neue Munition gegen den Banker: Sie wollen ihn ohnehin der Lüge überführen: Als Geschichtenerzähler, der Ecclestone zu Unrecht belastet hat.