Fahrt ins Ungewisse für Vettel und Red Bull
Sakhir (dpa) - Der Auftakt in Australien wird für Sebastian Vettel und Red Bull zu einer Fahrt ins Ungewisse. Die Tests für die neue Formel-1-Saison verliefen phasenweise desaströs, vor dem viermaligen Weltmeister und seinem Rennstall liegt noch ein Berg an Arbeit.
Immerhin stellte der Heppenheimer zum Abschluss der Übungsfahrten einen Bestwert auf: 77 Runden hatte er den RB10 in der Vorbereitung zuvor noch nicht über den Asphalt steuern können.
„Wir haben viel dazugelernt. Wir müssen die kommenden zwei Wochen gut nutzen, um die Daten auszuwerten, die wir sammeln konnten, um dann ein bisschen besser in Australien aufgestellt zu sein“, sagte Vettel. Sein Fazit der Vorbereitung falle „recht bescheiden“ aus. Der Auftakt werde „in gewisser Weise chaotisch werden“. Trubel hatte Vettel schon am Sonntag genug. Wegen eines Defekts an der Bremse drehte sich der Heppenheimer mit seinem Dienstwagen.
Zwei Wochen vor dem Auftakt fuhr Mercedes-Mann Lewis Hamilton in 1:33,278 Minuten die letzte Testbestzeit. „Ich bin so bereit, wie ich es nur sein kann. Es gibt aber noch so viel zu lernen“, bilanzierte der britische Weltmeister von 2008. Ob er schon das Maximum aus dem Wagen holen könne? „Nein, nein“, meinte Hamilton schmunzelnd.
Vettel geht es natürlich ähnlich. Der 26-Jährige hatte am Samstag in Bahrain nichtmal eine komplette Runde absolvieren können. Erst machte die Elektrik Probleme, dann streikte die Mechanik. „Man darf's nicht zu sehr dramatisieren“, meinte Vettel, nachdem er und sein Team den Tiefpunkt erreicht hatten. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Probleme bewältigen“, zitierte die BBC Red-Bull-Teamchef Christian Horner. „Die Frage ist allerdings, wann und wie schnell.“
Mit den neuen Autos haben alle Rennställe zu kämpfen. Neue Turbo-Motoren, das hochkomplexe Hybridsystem ERS - die Herausforderungen angesichts der gravierendsten Technik-Zäsur in der Formel 1 seit Jahrzehnten sind vielfältig. Doch den heftigsten Kampf trägt ausgerechnet das Red-Bull-Team aus.
Sehr zuverlässig präsentierten sich hingegen MercedesAMG und Williams, die über die gesamten Tests in Bahrain und Jerez bei den gefahrenen Kilometern ganz oben standen. „Alles in allem waren die Wintertests besser als erwartet“, resümierte Silberpfeil-Pilot Nico Rosberg.
Und auch in puncto Geschwindigkeit waren die von Mercedes-Motoren angetriebenen Autos ganz vorne dabei. Trainingsweltmeister habe es allerdings schon viele gegeben, räumte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff schon vor den Fahrten in der Steinwüste von Sakhir in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa ein.
Vettel erlebt vor seiner sechsten Saison bei Red Bull einen Kulturschock. Der Dauerdominator der vergangenen Jahre ist allerdings um Besonnenheit bemüht. „Es ist schon sehr selten, dass ein Fahrer, der die letzten Rennen der Saison beherrscht hat, auch die ersten Rennen der neuen bestimmt, vor allem bei solch gravierenden Änderungen“, meinte Vettel vor Ende des letzten Testtags. „Jeder im Team ist aber bereit zu kämpfen.“
Das Rennen in Melbourne wird der Gradmesser. „Das wird eine Standortbestimmung - einerseits vom Speed, andererseits von der Zuverlässigkeit“, sagte Vettel „Auto, Motor und Sport“ in einem Interview. „Da sieht man genau, wie viel es noch zu tun gibt und wie schnell man reagieren konnte.“