Formel 1 Flitterwochen vorbei: Hamiltons Ferrari-Erwachen

Melbourne · Öffentliche Kritik. Genervt vom Renningenieur. Lewis Hamiltons Ferrari-Einstand lässt einige Fragen offen und löst bereits erste Zweifel und Sorgen aus.

Flitterwochen vorbei: Hamiltons Ferrari-Erwachen
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Lewis Hamiltons verliebte Schwärmerei der Flitterwochen weicht schon der ersten Ernüchterung. Was blieb vom ersten Rennalltag des Formel-1-Rekordweltmeisters im neuen Ferrari? Öffentliche Kritik an der Strategie im Regen von Melbourne. Und keine Spur von Harmonie zwischen dem Briten und seinem neuen Renningenieur. „Eine echte Achterbahnfahrt“, schrieb Hamilton selbst am Morgen nach dem turbulenten Saisonauftakt bei Instagram. „Definitiv nicht das, was wir uns erhofft hatten.“

Nichts mehr war zu hören von der „aufregendsten Zeit seines Lebens“, nichts mehr zu lesen von der nahezu kindlichen Euphorie, die der berühmte rote Rennwagen vorher noch beim Superstar der Formel 1 ausgelöst hatte. Stattdessen Eingeständnisse nach Platz zehn beim Großen Preis von Australien: „Ich bin dankbar, dass ich den Wagen von der Wand ferngehalten habe, denn da wollte er die meiste Zeit hin.“ Und Parolen: „Das Auto hat eine Menge Potenzial, jetzt müssen wir daran arbeiten, es rauszuholen.“

In der Ferrari-Heimat macht sich schon Sorge breit. „Das Ferrari-Zeugnis ist eine Katastrophe“, meinte der „Corriere dello Sport“. Die „Gazzetta dello Sport“ fasste in einem Video den Spott der Fans in sozialen Netzwerken angesichts einer gewissen Historie von Pleiten und Pannen der Scuderia zusammen: „Lewis, willkommen bei Ferrari“.

„Daily Mail“: Warum es nach Abschiedstournee für Hamilton riecht

Das Gute: Schon am kommenden Sonntag gibt es die Chance auf Wiedergutmachung. Das Schlechte: Wenn es beim Großen Preis von China auch schiefgeht, dürfte es bereits richtig ungemütlich werden. Schon jetzt orakelte die britische „Daily Mail“: „Warum es nach dem holprigen Ferrari-Debüt in Melbourne bereits nach einer Abschiedstournee für Lewis Hamilton riecht.“

Vom achten Titel, vor allem aber dem ersten mit Ferrari, scheint Hamilton erstmal weit entfernt, auch wenn Melbourne mit allen Unwägbarkeiten nur eine Momentaufnahme war und er zwischenzeitig sogar das Rennen anführte. Weil die Scuderia beim erneut einsetzenden Regen aber später als andere die Reifen wechselte, rutschte auch Hamilton nach hinten. Deutlich wurde: Am Beziehungsstatus in Stresssituation müssen beide Seiten noch arbeiten.

Bemerkenswert, wie Hamilton mehrfach seinen neuen Renningenieur Riccardo Adami anblaffte, ihn in Ruhe zu lassen. Kein guter Start in eine Beziehung zwischen Fahrer und wichtigster Kontaktperson.

Ob sich Hamilton womöglich mal (neidvoll) den Boxenfunk zwischen seinem 18 Jahre alten Mercedes-Nachfolger Andrea Kimi Antonelli und seinem langjährigen ebenso kongenialen wie freundschaftlich eng verbundenen Renningenieur Peter Bonnington anhören wird, ist fraglich.

Fakt ist, dass der Rookie aus Italien es in Melbourne im Silberpfeil deutlich besser machte als der routinierte Brite im Ferrari. Antonelli raste hinter Sieger Lando Norris im McLaren, Weltmeister Max Verstappen im Red Bull sowie seinem Teamkollegen George Russell auf Rang vier.

Bemerkenswert ist auch, dass Hamilton öffentlich die Strategie kritisierte. „Es war eine traurige Vorstellung“, fasste Italiens „Corriere della Sera“ zusammen. „Wir müssen einen besseren Weg finden, um zwischen dem Auto und der Boxenmauer zu kommunizieren“, betonte Teamchef Frédéric Vasseur.

Die Ferrari-Versuchung - in guten wie in schlechten Zeiten

Hamiltons Fallhöhe ist größer als sie es jemals bei einem anderen Fahrer war und sein konnte. Er will es besser machen als alle, die vorher bei Ferrari scheiterten. Auch als ein Sebastian Vettel. Der Deutsche, der zu seiner Ferrari-Zeit auch mit Adami arbeitete, wurde oft Opfer von interessanten taktischen Überlegungen des Teams, er leistete sich selbst aber auch Fehler. Einen weiteren Titel konnte er seinen vier Triumphen im Red Bull nicht hinzufügen.

Wer der roten Versuchung nicht widerstehen kann, muss mit der Wucht der Ferrari-Leidenschaft leben. In guten wie in schlechten Zeiten. Dass ihm auch von Teamkollege Charles Leclerc nichts geschenkt werden wird, machte der Monegasse gleich beim ersten Rennen mit und gegen Hamilton deutlich. Mit einem knallharten Manöver, das erst recht bei den heiklen Bedingungen auch blitzschnell das Aus für beide Ferrari hätte bedeuten können, überholte der 27-Jährige den Briten. Mehr als Platz acht sprang aber auch für Leclerc nicht heraus.

© dpa-infocom, dpa:250317-930-405912/1

(dpa)