Hamilton zu Knatsch mit Rosberg: „Haben Aufs und Abs“
Montréal (dpa) - Knatsch? Welcher Knatsch? Lewis Hamilton und sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg haben ihren Formel-1-Streit fürs erste beigelegt.
„Wir haben darüber gesprochen und jetzt ist es Geschichte“, sagte WM-Spitzenreiter Rosberg vor dem Grand Prix von Kanada. Aus seiner Sicht bleibt das Verhältnis der beiden wie eh und je. „Von meiner Seite aus hat sich nichts geändert. Es ist eine respektvolle und neutrale Beziehung“, erklärte Rosberg.
Auch Hamilton ist der Zoff im Grunde keine große Rede mehr wert. „Wie Freunde haben wir unsere Aufs und Abs“, relativierte der Brite. Es gebe im Grunde nichts mehr hinzuzufügen, was nicht schon in seiner Versöhnungsbotschaft gestanden habe, meinte Hamilton weiter. Beide hätten nach dem letzten Grand Prix miteinander gesprochen. „Es ist kein Unterschied zu dem, was wir schon in der Vergangenheit hatten“, sagte er über den Knatsch mit Rosberg. „Das Team hat einen tollen Job gemacht, uns zu unterstützen.“
Kann man so einfach zum Tagesgeschäft übergehen? Wie hochbrisant die Beziehung der beiden Silberpfeile tatsächlich ist, dürfte sich am Sonntag auf dem Asphalt zeigen. In Kanada will Rosberg nun auch das unheimliche Gesetz der Sieglos-Serie als WM-Spitzenreiter brechen. Noch nie konnte in diesem Jahr der jeweilige Formel-1-Spitzenreiter ein Rennen gewinnen, immer schlug die Nummer zwei zu. Geht es nach Rosbergs derzeit einzigem Rivalen Hamilton setzt sich die Serie aber zumindest beim Großen Preis von Kanada an diesem Sonntag noch fort. An der Stätte seines ersten Grand-Prix-Erfolges will der Weltmeister von 2008 im erbitterten Teamduell mit Rosberg die Kräfteverhältnisse wieder zu seinen Gunsten zurechtrücken.
„Da gibt es keinen Weg zurück, es wird einen Riss zwischen beiden geben“, beschrieb der frühere WM-Champion und heutige TV-Analyst Damon Hill die extrem belastete Beziehung des Silberpfeil-Duos.
Hamilton erklärte den jüngsten Zoff nach dem Monaco-Grand-Prix zwar für vorläufig beendet, für Sticheleien dürfte dennoch genug Raum bleiben. „Bei Rosberg und Hamilton erkennt man ganz klar, dass die Spielchen jetzt losgehen. Das gehört dazu und ist Rennsport auf höchstem Niveau“, erklärte bei Servus TV der frühere Teamkollege von Ayrton Senna, Gerhard Berger.
Der Österreicher sieht in dem Duell der beiden früheren Kart-Kumpels denkwürdiges Potenzial. „Ich durfte vor dem Grand Prix in Monaco mit beiden zusammen zu Abend essen, die Nadelstiche kommen unentwegt. In den nächsten Rennen werden wir eine Explosion erleben.“
Montréal wird Aufschluss darüber geben, welche Eskalationsstufe das Mercedes-Duo erreichen wird und wie die ramponierte Beziehung in dieser Saison weitergehen wird. Nach Ansicht von Jenson Button, der bei McLaren zwischen 2010 und 2012 an der Seite Hamiltons fuhr, wird sein britischer Landsmann den Frust aus dem Fürstentum, wo er sich von Rosberg ausgetrickst und von seinem Team benachteiligt gefühlt hatte, für sich nutzen. Nach Streits oder Reibereien habe ihn der Mann aus Stevenage stets in Grund und Boden gefahren.
In Kanada werde man einen noch konzentrierteren Hamilton sehen, sagte Button voraus. „Psychospielchen werden auf ihn keinen Einfluss haben. Er ist zwar ziemlich emotional, und anfangs wird es ihn vielleicht auch treffen, aber er kommt stärker denn je zurück“, sagte Button, Weltmeister von 2009. Ein Jahr zuvor hatte Hamilton triumphieren dürfen. Leidtragender war damals Ferrari-Fahrer Felipe Massa, der zwar das Formel-1-Finale in seiner Heimat Brasilien gewann, sich im Klassement dem Briten aber um einen Punkt geschlagen geben musste.
Der heutige Williams-Pilot erinnerte daran, dass Hamilton unter immensem Druck auch schon mal Fehler unterliefen. „Er ist ein Typ, der von der psychologischen Seite her perfekt drauf sein muss, sonst gibt es Raum für Patzer“, meinte Massa über das Jahr 2007, in dem Hamilton im explosiven McLaren-Teamduell mit Fernando Alonso den Titel in seiner Premierensaison mit einem Aus in China knapp verpasste. Die Schuld trug damals allerdings sein Rennstall, der dem Musterschüler eine verfehlte Reifenstrategie verordnete.
Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff ist um eine nüchterne Analyse seines Fahrerwettstreits bemüht. „Es ist eine intensive Beziehung, aber das ist normal. Beide sind konkurrenzfähige Jungs, und sie kämpfen um die Weltmeisterschaft“, sagte der Österreicher. Die Frage ist nur: Mit welchen Mitteln wird das Duell fortgesetzt?