Hamiltons unheimliche Defekt-Serie

Barcelona (dpa) — Auf dem Kopf des Weltmeisters thronte diesmal eine neue Kappe in noblem burgund. Vorne prangte der silberne Stern. Strahlen soll er auch bei ihm wieder, möglichst schon am Sonntag beim Großen Preis von Spanien.

Hamiltons unheimliche Defekt-Serie
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„Ich liebe die Herausforderung“, sagte Hamilton und grinste. Hamilton bleibt gelassen. 43 Punkte Rückstand in der WM-Wertung der Formel 1 stürzen den dreimaligen Weltmeister und 43-maligen Grand-Prix-Sieger nicht in Panik. „Es ist, wie es ist“, sagte er. Es klingt so lapidar, wie er es auch empfinden dürfte.

Noch nimmt Hamilton die unheimliche Pannenserie seines Mercedes äußerlich gelassen hin. Demonstrativ stellte sich der pleitengeplagte Titelverteidiger vor dem Europa-Auftakt auch wieder vor seine Crew. „Die Probleme, die ich hatte, hatten nichts mit den Mechanikern zu tun“, betonte er am Donnerstag bei der offiziellen Pressekonferenz zum Rennen.

Nicht nur er selbst dürfte aber inständig hoffen, dass sich die Probleme im Kampf gegen Seriensieger und WM-Spitzenreiter Nico Rosberg im zweiten Mercedes beim Großen Preis von Spanien nicht fortsetzen. „Wir reißen uns den Arsch auf, um ihm den bestmöglichen Wagen hinzustellen“, sagt Teamchef Toto Wolff.

Waren es zunächst noch Hamiltons eigene Patzer bei den Starts in Australien und Bahrain, wurde der 43-malige Grand-Prix-Gewinner auf dem Weg zum ersehnten Rennsieg Nummer 44 von seinem Auto gebremst. Genauer: vom Energierückgewinnungssystem MGU-K. Es streikte in der Qualifikation von China und in der Qualifikation von Russland. Hinzu kamen Probleme mit dem Getriebe (China) und dem Wasserdruck (Russland). Heraus kamen Platz sieben (China) und ein wunderlicher Rang zwei (Russland).

Das Team rätselt. Rund 1100 Mitarbeiter arbeiten zusammen, aus rund 25 000 Teilen besteht so eine Formel-1-High-Tech-Errungenschaft — der Motor nicht mal eingerechnet. Die Fehler- und Ursachensuche ist schwieriger und langwieriger als das Anstellen ominöser Verschwörungstheorien. Deswegen antwortete das Team in einem bemerkenswerten Offenen Brief an die Fans auf die wüsten Sabotage-Spekulationen. „Dies ist ein technischer Sport. Wir balancieren sowohl bei der Performance als auch bei der Zuverlässigkeit auf des Messers Schneide. Wir müssen ans Limit gehen, und dann können Defekte vorkommen“, schrieb der Rennstall.

Dass Mercedes vor dieser Saison einige Mechaniker in den jeweiligen Crews von Hamilton und Rosberg gegenseitig austauschte, heizte die Mutmaßungen allerdings an. Doch kommen solche Phasen immer wieder vor. Auch bei Rosbergs Mercedes wurden nach seinem ersten Boxenstopp in Sotschi alarmierende Probleme am Energierückgewinnungssystem diagnostiziert. Er fuhr das Rennen im gesicherten Modus zu Ende - als Sieger mit der schnellsten Rennrunde, was die wahre Power des Silberpfeils dokumentiert.

Die Frage für Hamilton dürfte aber sein, wie lange die Probleme an seinem Wagen bestehen. In Sotschi raste er die letzten 16 Runden ohne Wasserdruck. „Wir sind uns noch immer nicht ganz sicher, durch welches Wunder das Auto ins Ziel humpelte“, schrieb Mercedes in dem Brief an seine Anhänger.

425 Punkte sind noch zu vergeben. Da erscheinen 43 Punkte Rückstand des 31 Jahre alten Hamilton auf den 30 Jahre alten Rosberg nahezu lächerlich. Das weiß Hamilton, das weiß Rosberg, der seit dem WM-Triumph von Hamilton am 25. Oktober vergangenen Jahres in Austin nicht mehr bezwungen worden ist.

Damit die Defekte bei dem Briten nicht mehr auftreten, wurde in den englischen Formel-1-Schmieden des deutschen Werksteams ohne Unterlass geschuftet. „Das Team hat seit seiner Rückkehr aus Russland rund um die Uhr gearbeitet“, betonte Hamilton. „Ich bin sehr stolz auf die Jungs in der Box: Hinter uns liegt eine harte Zeit, aber sie leisten fantastische Arbeit.“