Herausforderung auch fürs Titel-Duo - Diskussion um neue Funkstille

Singapur (dpa) - Die neue Funkstille in der Formel 1 verstärkt bei den Titelkandidaten Nico Rosberg und Lewis Hamilton die Freude auf die finalen WM-Duelle.

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„Es kann mehr Überraschungsmomente geben“, prophezeite Spitzenreiter Rosberg im Fahrerlager in Singapur und hatte dabei auch die unerbittlichen Duelle mit seinem Teamwidersacher Hamilton im Sinn. „Wir können uns unsere eigene Taktik zurechtlegen und den anderen dadurch kriegen“, meinte Rosberg.

Im Fahrerlager halten sich aber auch vor dem Nachtrennen die Bedenken gegen das Ende der „ferngesteuerten Piloten“: Die Teamchefs sollen sogar auf eine spätere Einführung der strikten Maßnahmen drängen. Ginge es nach Bernie Ecclestone, der die aktuelle Verbannung initiierte, würden indes noch mehr Hilfestellungen für die Piloten untersagt. „Sie brauchen niemanden an der Boxenmauer, der ihnen sagt, was zu tun ist“, sagte Ecclestone.

Den Funk komplett abschaffen würde Rosberg auch im Sinne der Fans nicht. Er schwärmte aber bereits vom „puren Rennfahren“. Man sei nun auf sich allein gestellt. Der 29-Jährige verschwieg aber auch nicht, dass es eine große Herausforderung sei. Vor allem der Start werde „viel schwieriger“.

Nicht wenige der Piloten erhoffen sich einen Vorteil - auch Hamilton seinerseits im Titelkampf gegen Rosberg. „Ich hoffe es, ja“, sagte der Brite dem Sender SkySports. Der ebenfalls 29-Jährige liegt vor dem sechstletzten Saisonrennen 22 Punkte hinter Rosberg.

Bislang habe man praktisch alles sehen können. „Jeden Trick, den ich habe“, meinte der Ex-Champion (2008) und Singapur-Sieger von 2009. Jetzt kehre man zum Fahren wie zu Kartzeiten zurück. Auch er sprach im Mercedes-Motorhome allerdings mit spürbarem Respekt von einer Herausforderung.

Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel betonte, dass es auch um Sachen gehe, „die können wir unmöglich im Auge behalten, weil wir gar nicht die Möglichkeit dazu haben und auch nicht die Kapazität“. Es sei „vielleicht wahrscheinlicher“, dass man einen Ausfall riskiere, befürchtet der Red-Bull-Pilot. Zur eigenen Sicherheit riet Vettel, auf dem kurvenreichsten Kurs der Formel-1-Saison in Singapur „beide Hände“ am Lenkrad zu behalten.

Selbst der technikaffine Hesse tat sich schwer, mögliche Herausforderungen den Fans und der Öffentlichkeit konkret zu erklären. Stattdessen meinte er mit Blick auf eines der Probleme, vor dem ein Fahrer stehen könnte: „Letzten Endes ist es kompletter Quark, das versuchen zu erklären. Letzten Endes interessiert das sowieso keine Sau.“ Es seien zudem ein paar Verbote dabei, bei denen man sich frage: „Muss das sein?“

Untersagt sind den Kommandoständen vor allem Angaben zum Verhalten der Wagen, dazu gehört der Spritverbrauch. Detaillierte Informationen wie Sektorenzeiten der Konkurrenten dürfen einem Piloten ebenfalls nicht mehr - sei es via Boxenfunk oder auf anderem Wege - übermittelt werden. Insgesamt sind 18 Punkte verboten, 14 erlaubt. Damit wollen die reformfreudigen Regelhüter des Internationalen Automobilverbandes FIA Artikel 20.1 der Sport-Statuten stärken. Dort steht, dass ein Pilot den Wagen „allein und ohne Hilfe fahren muss“.

Das kommt den Fahrern prinzipiell entgegen, nur Zeitpunkt und Umfang der Maßnahmen überraschten die Teams offensichtlich. Zunächst würden die Verbote es dem Piloten schwerer und anspruchsvoller machen, sagte Nico Hülkenberg. „Jetzt musst Du selber gucken, checken, nachdenken und justieren“, erklärte der Force-India-Fahrer. Wer mehr Kapazität habe für mehrere Sachen, habe einen Vorteil, prophezeite der Emmericher.

Dass Kimi Räikkönen die neue Funkstille ohne größere Regung zur Kenntnis nehmen würde, überraschte nicht. Der Finne, der beim Fahren am liebsten nicht gestört wird und einst bei Lotus den legendären Satz funkte: „Lasst mich in Ruhe. Ich weiß, was ich mache“, kommentierte auch diese Diskussion am Donnerstag auf seine Art. „In meinem Fall reden wir sowieso nicht so viel über den Boxenfunk“, sagte der Ferrari-Angestellte.