Höhenflieger Hamilton - Gebremst wird nicht
Spa-Francorchamps (dpa) - Lewis Hamiltons Twitter-Foto vom Weg zum Großen Preis von Belgien hätte symbolreicher nicht sein können: Keine Wolken, klarer Blick und 10 000 Meter über der Erde.
Der ehemalige Formel-1-Champion will seinen Höhenflug, zu dem er vor der Sommerpause mit seinem Premierensieg im Silberpfeil angesetzt hat, fortführen. Und Mercedes bremst ihn und das Team nicht. „Wir machen das Gegenteil. Wir stehen auf dem Gas“, sagte der Motorsportchef des deutschen Autobauers, Toto Wolff, vor dem Start in den zweiten WM-Abschnitt in einem dpa-Interview.
48 Punkte trennen Hamilton von Weltmeister und Spitzenreiter Sebastian Vettel im Red Bull. 225 Zähler sind in den ausstehenden neun Rennen maximal noch zu holen. „Wir haben die erste Saisonhälfte in Ungarn mit einem Erfolgserlebnis beendet und haben uns eine ähnlich starke zweite Hälfte zum Ziel gesetzt“, betonte Teamchef Ross Brawn. Dann scheint einiges möglich.
Denn Mercedes hat sowohl die Finanzmittel als vor allem auch das Personal, um Red Bull im langen Schlussspurt von Spa über Monza, Singapur, Südkorea, Japan, Indien, Abu Dhabi, die USA bis Brasilien Paroli zu bieten. Im Gegensatz zu Ferrari mit Vettels Erzrivalen und dem WM-Dritten Fernando Alonso bekamen die Silberpfeile manche Probleme mit dem Wagen in den Griff. Im Gegensatz zu Ferrari und auch Lotus mit dem WM-Zweiten Kimi Räikkönen braucht sich bei Mercedes niemand um das Fahrerpersonal im kommenden Jahr Gedanken zu machen, Hamilton und Nico Rosberg sind langfristig ans Team gebunden.
Innere Ruhe also für die Attacke, eine ohne Getöse. „Wir sind gerade mal bei der Halbzeit und da von Titeln zu reden - wenn man berücksichtigt, woher wir kommen -, wäre schlicht und einfach vermessen“, betonte Motorsportchef Wolff. „Es ist viel zu früh zu sagen, ob wir sie herausfordern können oder nicht“, hatte Hamilton schon nach seinem Sieg in Ungarn bekräftigt.
Doch der Weltmeister von 2008 dürfte mehr als Lunte gerochen haben. „Ich habe das Gefühl, dass ich seit meinem Sieg in Ungarn eine kleine Ewigkeit nicht im Auto gesessen bin und ich kann es kaum erwarten, endlich wieder zu fahren“, sagte er nun vor dem Restart in sein Mercedes-Lehrjahr. Zumindest war Hamilton bei seinem Wechsel von McLaren zu Mercedes als Nachfolger von Rekordweltmeister Michael Schumacher davon ausgegangen.
Bei den Silberpfeilen fühlt sich der Tattoo-Liebhaber freier, er könne so sein, wie er ist. Leidet sein Hund Roscoe wie jüngst an einer Lungenentzündung, leidet Hamilton mit. Der 28-Jährige führt via Twitter ein recht öffentliches Leben. Sein Dauer-Hin-und-Her mit Popsternchen Nicole Scherzinger sorgt für ein übriges.
Auf der Strecke kennt Hamilton kein Pardon, die Rowdyeinlagen der vergangenen Jahre scheinen zudem passé. Vier von zehn Poles, davon die letzten drei in Serie, dazu der Sieg in Ungarn - für einen Azubi wahrlich nicht schlecht. „Ich bin müde von diesen Jahren, Rennen zu gewinnen, aber nicht die WM“, hatte Hamilton im Mai in einem dpa-Interview erklärt. „Es ist schon so eine lange Zeit seit dem Titel, fünf Jahre. Es ist an der Zeit, dies zu ändern.“ Dann wäre Hamiltons Höhenflug perfekt.