Raus aus Europa: Formel 1 setzt Expansion fort
Austin (dpa) - Auf ihrer atemlosen Expansionstour nimmt die Formel 1 allmählich Abschied von ihrer Heimat Europa. Geht es nach Chefvermarkter Bernie Ecclestone, gibt es neben dem jüngsten Debütanten Austin schon bald mindestens einen weiteren Gastgeber in den USA.
Der russische Olympia-Ort Sotschi steht für 2014 in den Startlöchern, Thailand und Argentinien gelten als die nächsten Bewerber. „Es ist sicher so, dass mehr Anfragen da sind, als man erfüllen kann“, sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug.
Im alten Kernmarkt Europa geht dagegen vielen Veranstaltern allmählich die Luft und vor allem das Geld aus. Der deutsche Grand Prix am Nürburgring im kommenden Jahr ist akut bedroht, wenn sich Sanierer und Pächter nicht bald einigen. Barcelona und Valencia wechseln sich künftig ab, weil zwei Spanien-Rennen pro Jahr zu teuer sind. Spa gilt seit längerem als Wackelkandidat. Österreich, Imola, Frankreich und die Türkei sind in diesem Jahrtausend bereits aus dem Kalender verschwunden.
Maximal sieben der 19 Rennen werden 2013 in Europa stattfinden - so wenige waren es zuletzt 1969. Andere Märkte sind Ecclestone und seinem Grand-Prix-Zirkus längst wichtiger. China, Indien, Abu Dhabi und nun auch wieder die USA sollen die Kassen der Formel 1 und ihrer Sponsoren füllen. Dabei ist keineswegs sicher, dass jedes der neuen Rennen auch zum Renner wird. Auf die Frage nach einem Erfolgsrezept für Neu-Gastgeber meinte Ecclestone in Austin: „Das ist eine lustige Sache: Ich weiß es nicht.“
Das hinderte den geschäftstüchtigen Briten jedoch nicht daran, den Eroberungszug der Formel 1 zu beschleunigen. Seit 2008 kam jedes Jahr mindestens ein neuer Grand Prix hinzu. „Das zeigt einfach, wie sich die Welt und die Märkte verändern“, meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Die Bilanz allerdings fällt durchwachsen aus. Das Nachtrennen in Singapur und die Glitzershow in Abu Dhabi sind Juwelen im Kalender. Dagegen ist das trostlose Gastspiel in Südkorea ein Flop, in Indien schwindet das Interesse an der Veranstaltung nach einem Jahr schon wieder.
Nun also Texas. Seit Ecclestone 2007 den Vertrag mit Indianapolis auslaufen ließ, drängten die Rennställe auf eine Rückkehr in die USA. In der Fragestunde des Weltverbands vor dem Austin-Debüt am Sonntag erklärten die Teambosse, warum. „Das ist der wichtigste Markt für Mercedes-Benz-Pkw“, sagte Haug. „Das ist der größte Markt für Red Bull und sicher auch für unsere Partner“, sagte Horner. „Das ist der größte Markt für Ferrari“, sagte Scuderia-Teamchef Stefano Domenicali. Selten herrscht in der Formel 1 so viel Einigkeit.
Der erste Eindruck vom „Circuit of the Americas“ in der ärmlichen Ranchergemeinde Elroy nährte die Hoffnung auf ein Gelingen des USA-Comebacks. Die Fahrer schwärmten, die Zuschauer strömten, die Bilder stimmten. Zehn Jahre läuft der Kontrakt für das Rennen, das der Formel 1 endlich den Durchbruch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten verschaffen soll. „Wir haben ein aufregendes Produkt und wir müssen sehr hart arbeiten, es in Amerika zu verkaufen. Das haben wir in der Vergangenheit nicht getan“, sagte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh.
Der nächste Schritt in den USA sollte eigentlich schon 2013 folgen. Doch das Rennen vor der Skyline von New York fällt vorerst aus. „Vielleicht können wir auch was in Los Angeles machen“, raunte Ecclestone in diesen Tagen. Konkretes Projekt oder Luftnummer wie das Stadtrennen in London? Beim 82 Jahre alten Zampano weiß das niemand so genau. Sicher ist nur: Wer Ecclestones Spektakel mieten will, muss viel Geld mitbringen. Im Zeitalter der Finanzkrise ist in Europa da auf Sicht wohl wenig zu holen.
Die Formel-1-Premieren in diesem Jahrtausend:
* noch nicht bestätigt