Schumacher hält an Zielen fest: „Siege und Titel“
Nürburgring (dpa) - Von Frustration keine Spur, dafür Kampfgeist pur: Für Michael Schumacher läuft es auch im zweiten Jahr nach seinem Comeback mit Mercedes GP alles andere als zufriedenstellend. Siege sind mit dem Silberpfeil außer Reichweite, vom Titel ganz zu schweigen.
Aber der Rekord-Weltmeister lässt sich dadurch nicht entmutigen. Im Gegenteil: Die aktuell aussichtslose Lage spornt Schumacher an. „Ich spüre keine Enttäuschung, ich spüre Kampfgeist“, versicherte er vor dem Großen Preis von Deutschland im Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Schumacher sprüht vor Energie und Tatendrang. Vieles spricht dafür, dass der Routinier nach Ablauf seines Vertrags 2012 noch ein paar Jährchen dranhängt, auch wenn er bei entsprechendem Nachhaken verschmitzt grinste: „Nächste Frage.“ Fit genug fühlt er sich dafür trotz seiner 42 Jahre. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich auf dem absteigenden Ast bin“, sagte Schumacher. „Wer kann von sich behaupten, in dem Alter im Spitzensport noch mithalten zu können.“
Es erstaunt, wie gelassen der mit Abstand erfolgreichste Rennfahrer der Grand-Prix-Geschichte mit seiner eigentlich deprimierenden Situation umgeht. Vor seinem Heimspiel auf dem Nürburgring am Sonntag dümpelt Schumacher mit mageren 28 Punkten auf WM-Position zehn. Der Rückstand auf seinen Kumpel und WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel (204) beträgt beinahe unfassbare 176 Zähler. Nur fünfmal schaffte es der einstige Seriensieger in die Punkteränge, wobei ein vierter Platz beim Chaosrennen in Montreal sein bestes Resultat war.
Trotz dieser bescheidenen Bilanz beteuerte der fast alle wichtigen Statistiken meist klar anführende Schumacher: „Dass zum Kämpfen auch Rückschläge gehören und dass es keine Garantien gibt, weiß ich seit vielen Jahren. Auch dass man immer wieder aufstehen muss.“ Bei einer Presserunde ergänzte er: „Wir wollen nicht über Siege reden, das ist schwachsinnig.“
Teilweise lässt sich Schumachers jetzige Situation mit seinen Anfangsjahren bei Ferrari vergleichen. Als der Champion aus Kerpen nach zwei WM-Titeln mit Benetton 1996 zur Scuderia wechselte, herrschte dort Chaos. Das Team war nicht konkurrenzfähig. Mit unbändigem Siegeswillen, Disziplin und Zähigkeit brachten Teamchef Jean Todt, Technik-Direktor Ross Brawn, der auch jetzt bei Mercedes GP das Sagen hat, Schumacher sowie ihre Helfer den damals lahmenden Ferrari-Hengst wieder auf Trab.
Beim PR-Aufgalopp von Mercedes auf dem Nürburgring saßen Schumacher und sein Teamkollege Nico Rosberg immerhin schon mal in Sieger-Silberpfeilen: Im legendären W196 spulten sie auf der berühmt-berüchtigten Nordschleife ein paar Kilometer ab. „Ich hoffe, das ist ein gutes Omen“, sagte Schumacher. „Ich bin eigentlich kein Fan von alten Autos, aber das hat mich berührt. Auf der Nordschleife mit der Geschichte...“
Schumacher steuerte das Stromlinien-Modell, in dem Juan Manuel Fangio 1954 in Reims den ersten Mercedes-Sieg nach dem 2. Weltkrieg geholt hatte. Rosberg fuhr den W196 mit freiliegenden Rädern, mit dem der fünfmalige argentinische Weltmeister im selben Jahr auf dem Nürburgring gewonnen hatte. „Das war ein ganz spezielles Erlebnis“, schwärmte der 26-Jährige.
Schumacher geht fest davon aus, dass er und das Mercedes-Team auch die aktuellen Silberpfeile wieder zum Fliegen bringen. Nachdem es in dieser Saison nicht wie erhofft klappt, nimmt er eben 2012 - seinem nach derzeitigem Stand finalen Formel-1-Jahr - einen erneuten Anlauf. „Klarer Anspruch von Mercedes muss es sein, Weltmeister zu werden.“
Der siebenmalige Weltmeister aber räumte ein, dass er vor dem Saisonstart 2010 zu forsche Ankündigungen gemacht habe. „Ich würde wahrscheinlich das Timing anders ansetzen, aber mein Ziel bleibt noch immer genau das: Siege und Titel“, sagte er. „Daran arbeiten wir, und wir arbeiten hart. Wir nähern uns unserem Ziel Schritt für Schritt.“ Auch wenn er mit seinem „Kenntnisstand von heute wohl etwas weniger optimistisch gewesen“ wäre, ändere das „nichts daran, dass ich überzeugt bin, dass wir es schaffen“.
Auf dem Nürburgring, wo Schumacher fünfmal und damit so oft wie kein anderer triumphiert hat, wird es bei normalem Rennverlauf nichts mit seinem ersten Sieg mit Mercedes. Als „Motorsport-Fan“ freue er sich aber trotzdem auf den Deutschland-Grand-Prix. Es gebe „nichts Besseres als ein Heimspiel, denn die Atmosphäre trägt dich zusätzlich“.