„Silberfarbener Laufsteg“: WM-Duell bei Mercedes
Hockenheim (dpa) - Im WM-Thriller zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton ist kein Spannungsabfall in Sicht. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff rechnet bis zum letzten Grand Prix dieser Formel-1-Saison mit einem hauchdünnen Titelduell.
Auch Rosberg erwartet weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit seinem Mercedes-Teamkollegen. „Der Fight wird weitergehen, es wird immer eng bleiben“, sagte der 29-Jährige, der sich in Hockenheim endlich mal über „eines der einfacheren Rennen“ freuen konnte. Hamilton sieht die Rivalität vor der ersehnten Party in der Puszta am kommenden Sonntag ohnehin längst am Maximum.
„Ich kann mich nicht noch mehr fokussieren oder noch härter arbeiten, als ich es schon tue“, räumte der Brite nach seiner spektakulären Sturmfahrt auf dem Hockenheimring von Platz 20 bis auf Rang drei ein. „Diese Meisterschaft ist eine große Herausforderung für mich, aber genau so liebe ich es und ich würde es nicht anders wollen.“ Hamilton gibt alles, „um im Titelkampf wieder auf Nicos Level zu gelangen“. Am besten schon bei seinem Wohlfühl-Grand-Prix in Ungarn.
Die internationale Presse verneigte sich vor den Silberpfeilen. „Rosberg siegt, Hamilton sorgt für die Show“, schrieb „Le Figaro“. Für „Tuttosport“ war klar: „Der Engländer genießt seine Leistung, der Deutsche die Führung in der WM.“ Die „Daily Mail“ konstatierte: „Nur Interpol hätte Nico Rosberg schnappen können.“ An einem hatte „El Mundo“ keinen Zweifel: „Die Formel 1 ist in dieser Saison ein silberfarbener Laufsteg, auf dem nur die Rennfahrer Nico Rosberg und Lewis Hamilton stolzieren.“
Das Maß der Dinge ist derzeit Rosberg. Vierter Saisonsieg, bis auf einen Ausfall immer auf Rang eins oder zwei nach Rennende - Durchschnaufen ist auf dem Weg zum erhofften WM-Titel zwar noch lange nicht angesagt. Doch der Hockenheim-Triumph tat dem 29-Jährigen vor allem deshalb gut, weil er scheinbar mühelos zustande kam. „Das war eines der einfacheren Rennen“, konstatierte Rosberg, „aber das ist eben auch mal so, nachdem ich so viele Rennen hatte, in denen mir mein Teamkollege im Getriebe hing“.
Hamilton will wieder den Perspektivwechsel, von Ungarn an soll wieder Rosberg die Rückseite seines Silberpfeils sehen. Viermal gewann der 29-Jährige schon auf dem Hungaroring, bei den vergangenen beiden Auflagen raste er jeweils auf die Pole und verspritzte dann auch den Sieger-Champagner. „Es ist keine leichte Saison für mich, so wie sie die meiste Zeit für denjenigen ist, gegen den ich fahre“, sagte Hamilton. „Ich will es aber auch gar nicht einfach haben.“
Bei Hamilton sei „immer Glory und Drama“, meinte Wolff, der damit in erster Linie auf den furiosen Positionskampf mit McLaren-Pilot Jenson Button abzielte. Mit einer Fortsetzung des Privatduells zwischen den Silberpfeilen bis zum Saisonfinale Ende November rechnet der Österreicher ohnehin. „Das Rennen zwischen beiden ist so eng, da wäre ich schon sehr überrascht, wenn es nicht auf Abu Dhabi mit den sehr berühmten doppelten Punkten hinausläuft“, erklärte Wolff.
Die Zuverlässigkeit Rosbergs in diesem Jahr beeindruckt ihn immer wieder. „Er liefert einfach und ist so konzentriert. Immer wenn man sagt, der Nico hat das Momentum verloren, kommt er mit dem allergrößten Momentum zurück“, lobte der Motorsportchef. „Er zählt für mich mittlerweile zu den ganz Großen.“
Ganz groß bleiben die Vorstellungen von Mercedes, auch wenn Williams immer mehr Druck ausübt. Doch allein die Statistik spricht Bände. Mit 366 Zählern hat der Rennstall nach zehn Grand Prix schon sechs Punkte mehr gesammelt als in der gesamten zurückliegenden Saison. Spitzenreiter in der Konstrukteurs- wie auch der Fahrerwertung war zu diesem Zeitpunkt 2013 Red Bull.
Die Parameter haben sich seitdem jedoch immens verschoben. „Vierter und Sechster, das war das Maximum, was wir rausholen konnten“, sagte Teamchef Christian Horner zur Ausbeute von Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo. „Die Kluft ist immer noch riesig, aber wir arbeiten hart daran, sie zu verkleinern.“
An Budapest hat Vettel keine guten Erinnerungen. Ein Sieg in Ungarn gelang dem Heppenheimer noch nicht, immerhin holte er 2010 und 2011 die Pole Position. „Es ist natürlich schade, dass außer Apfelschorle heute nix drin ist“, musste der viermalige Weltmeister nach Platz vier in Hockenheim einräumen. Vielleicht ein kleiner Trost für den weit abgeschlagenen Vettel: Mercedes rechnet weiter mit einem beträchtlichen Aufschwung.
„Red Bull ist ein Kraftwerk“, warnte Wolff, der mit seinem so dominanten Team vor einer kniffligen Herausforderung steht. „Das wird eine ganz schwierige Entscheidung sein, wie viele der Ressourcen wir schon ins Auto für nächstes Jahr verlagern. Red Bull hat in den vergangenen Jahren immer das Prinzip verfolgt, bis zum bitteren Ende zu entwickeln. Wir sind immer noch bei 2014.“ Die Silberpfeile wollen nun noch das Ungarn-Rennen abwarten und dann entscheiden. Wolff weiß: „Mit Red Bull ist immer zu rechnen.“