Sutil ein Jahr nach Bianchi-Unfall: Schwieriger für alle
Suzuka (dpa) - Der grauenvolle und letztlich tödliche Unfall von Jules Bianchi schockierte alle. Und die Trauer ist noch nicht abgeklungen, nachdem der Franzose am 17. Juli an seinen schweren Kopfverletzungen starb.
Adrian Sutil erlebte die schrecklichen Momente des Unfalls auf dem Suzuka International Racing Course aus nächster Nähe. Er war eine Runde vor Bianchi von der Strecke abgekommen. Bei der Bergung des Formel-1-Wagens von Sutil krachte Bianchi mit hoher Geschwindigkeit in den Kran.
Von Ihren 128. Grand Prix war sicherlich der im vergangenen Jahr in Japan der einschneidendste durch den Unfall von Jules Bianchi an derselben Stelle, wo sie eine Runde vorher von der Strecke abgekommen waren. Mit welchen Gefühlen fahren sie nun dorthin?
Sutil: Das sind Momente und Ereignisse im Leben, die bestimmt prägen, die das Leben ein bisschen verändern, wenn man drüber nachdenkt. Solche Momente gehören leider auch zum Leben dazu. Es wird sicher ein anderes Gefühl sein, aber nicht nur für mich, sondern auch für viele andere, die indirekt mitbeteiligt waren: Der nächste Grand Prix in Japan wird sicher schwieriger für alle.
Wie verarbeitet man die Bilder, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Unfall für Bianchi letztlich tödlich endete?
Sutil: Es ist schwierig zu sagen, was man da am besten macht. Besonders wenn es das erste Mal ist, dass man sowas aus dieser Nähe miterlebt. Wenn man so etwas live miterlebt, ist ein solches Erlebnis noch wesentlich intensiver. Das war ein extremer Unfall und es hat gedauert, bis einem solche Momente aus dem Kopf gehen. Ich würde nicht sagen, dass es ein bleibender Schock ist. Es öffnet einem die Augen, was wir da eigentlich tun.
Verändert es die Wahrnehmung als Mensch, aber insbesondere als Formel-1-Pilot?
Sutil: Ja, schon. Fakt ist, dass man in der heutigen Zeit in der Formel 1 verdrängt, dass es immer noch gefährlich ist. Solche Momente erinnern uns daran. Hier ist immer alles mehr oder weniger gut. Es wird einem schon so beigebracht, dass die Autos sicher sind, also glaubt man auch daran. Die Gefahr fährt aber mit und das Risiko ist sicherlich auch ein Teil der Formel 1. Solche Ereignisse sind aber immer sehr tragisch und verändern den Sport und die Sichtweise.
Waren sie in der Zeit nach dem Unfall mal bei Jules Bianchi im Krankenhaus?
Sutil: Nein, ich war nicht im Krankenhaus.
Hatten Sie mit seinen Eltern Kontakt?
Sutil: Nein. Ich war bei der Beerdigung, ich habe mich aber bewusst zurückgehalten. Ich glaube, sie hatten und haben wichtige und tolle Menschen um sich. Es ist eine sehr enge Familie. Sie haben zudem viele Menschen, die Jules besser kannten als ich. Deswegen habe ich auch nicht ich viel gesagt, weil ich es nicht richtig fand in diesem Moment. Das sollte man den engen Freunden und der Familie überlassen.
Kann so ein Vorfall immer wieder passieren?
Sutil: Solange wir offene Cockpits haben, kann das immer wieder passieren. Allerdings kann auch mit geschlossenen Cockpits etwas passieren. Wenn man mit 300 oder schneller unterwegs ist, ist das einfach ein Risiko. Wenn man mit dieser Geschwindigkeit frontal in eine Wand oder in ein Auto fährt, gibt es keine Sicherheit. Das ist leider so.
Ist das ein Risiko, das sie weiter bereit sind einzugehen?
Sutil: Ja, sonst würde ich es nicht machen. Könnte ich es nicht mehr mit mir vereinbaren, säße ich nicht hier. Ich würde aufhören. Als ich entschieden habe, Rennfahrer zu werden, war ich mir bewusst, dass es ein Risiko gibt. Natürlich vergisst man, je länger nichts passiert. Solche Moment erinnern einen dann wieder daran, dass es nach wie vor ein gefährlicher Sport.
Zur PERSON: Adrian Sutil (32) bestritt in der Formel 1 bislang 128 Grand Prix. Er kommt aus dem bayrischen Gräfelfing. Sutil fuhr im vergangenen Jahr für das Schweizer Team Sauber. In dieser Saison ist Sutil Ersatzfahrer des britischen Traditionsteams Williams.