Warten auf Mercedes-Siege nach Brawns Technik-Coup

Shanghai (dpa) - Die Formel-1-Topteams haben Mercedes nach zweijähriger Durststrecke wieder auf der Rechnung.

Obwohl die Silberpfeile von Michael Schumacher und Nico Rosberg vor dem dritten Saisonrennen am Sonntag in Shanghai bislang erst ein Pünktchen einfuhren, werden die Rivalen nicht müde, die Legalität des jüngsten Technik-Tricks von „Superhirn“ Ross Brawn in Zweifel zu ziehen. In China aber scheiterte der diesmal von Lotus eingebrachte Protest gegen das vom Mercedes-Teamchef entwickelte Heckflügel-System wohl endgültig.

Auch beim Grand Prix in Shanghai dürfen Schumacher und Rosberg mit ihrem umstrittenen F-Schacht fahren, der die vormals flügellahmen Silberpfeile in dieser Saison deutlich schneller gemacht hat. Wie zum Beweis legte Rekord-Champion Schumacher am Freitag im Training gleich mal die Tagesbestzeit hin und düpierte die WM-Favoriten Lewis Hamilton (McLaren) auf Platz und zwei sowie Weltmeister Sebastian Vettel (Red Bull) auf Platz drei. Die Strecke liegt dem Altmeister, 2006 gelang ihm hier sein 91. und bislang letzter Rennsieg - allerdings noch im Ferrari.

Sein neuer Arbeitgeber Mercedes sah in diesem Jahr vor den Rennen stets stark aus, fiel am Sonntag aber dann wegen einer Mischung aus Pech und Reifensorgen zurück. „Als Team sind wir in gewissen Bereichen diese Saison eine ganze Ecke stärker, obwohl wir immer noch nicht das sind, wo wir mit dem Auto hinwollen. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir das noch schaffen“, sagte Schumacher.

Den einzigen Mercedes-Zähler ergatterte Schumacher Ende März in Malaysia, nachdem er als Dritter nach der Qualifikation noch aufs Podest geschielt hatte. „Es wäre natürlich schön für uns, wenn wir ein paar Punkte mehr hätten“, befand der Rekord-Weltmeister.

Nach seinem Formel-1-Comeback 2010 wartet der inzwischen 43-Jährige noch auf seinen Premieren-Sieg mit Mercedes. Selbst ein Podiumsplatz sprang bislang noch nicht heraus. Rosberg gelang der Sprung aufs Podest zuletzt vor zwei Jahren: Unter anderem in China. „Die Strecke wird uns entgegen kommen“, bekräftigte Rosberg in Shanghai auch wegen seiner guten Erfahrungen hier.

Die Chancen darauf, dass der Knoten bei Mercedes an diesem Wochenende endlich platzt, sind durch den abgewiesenen Protest zumindest nicht gesunken. Das als revolutionär angesehene System des Luftschachtes wird durch Einschalten des sogenannten Drag Reduction Systems (DRS) aktiviert. Dabei wird ein Teil des Heckflügels so umgelegt, dass die Luft durchfließen kann. Der Anpressdruck des Wagens verringert sich, die Geschwindigkeit wird höher. Gleichzeitig wird die Strömungsluft durch zwei Einlässe am Heckflügel von hinten nach vorne geleitet. Dadurch wird das Auto weiter stabilisiert.

Dass Mercedes in diesem Jahr trotz der bislang mageren Punkteausbeute deutlich stärker geworden ist und zu den Top-Teams Red Bull und McLaren aufschließen könnte, schreckte die Konkurrenz früh auf. Schon bei den beiden ersten Saisonrennen hatten einige Rivalen eine Überprüfung des Technik-Kniffs gefordert, nachdem Schumacher und Rosberg im Training mit starken Zeiten geglänzt hatten.

„Es sind immer dieselben Spielchen. Wenn jemand eine gute Idee hat, wird versucht, sie ihm streitig zu machen“, sagte Schumacher. „Das ist wie im Straßenverkehr. Es gibt eine Polizei, die sagt, das ist okay oder nicht.“ Und diese „Polizei“ - der Weltverband - sagte bislang eben: Okay. Der F-Schacht dürfte aber Thema bleiben.

Weitere Proteste sind nicht ganz auszuschließen. Wahrscheinlicher ist aber, dass die anderen Teams nach dem Entscheid der Rennkommissare das System kopieren wollen. Lotus verzichtete bereits auf eine Berufung. Noch hat Mercedes den technischen Vorsprung. Die Frage bleibt, wann sich das auch in WM-Punkten niederschlägt.