Zoff bei Ferrari: Präsident rügt Alonso
Maranello (dpa) - Der Ferrari-Präsident sieht rot. In bislang ungekannter Manier hat der Chef des italienischen Formel-1-Rennstalls seinen Starpiloten Fernando Alonso öffentlich gemaßregelt.
Ausgerechnet an seinem 32. Geburtstag bekam der stolze Spanier von seinem obersten Boss am Telefon eine ordentliche Standpauke. Di Montezemolo erinnerte Alonso bei seinem Glückwunsch-Anruf unmissverständlich daran, dass „alle großen Champions, die für Ferrari gefahren sind, immer darum gebeten wurden, die Interessen des Teams über die eigenen zu stellen“.
Damit nicht genug. Die jüngsten Kommentare des Spaniers seien weder beim Präsidenten noch anderen Team-Vertretern gut angekommen, schrieb die Scuderia auf ihrer Homepage. „Dies ist der Moment, ruhig zu bleiben, Polemik zu vermeiden und Demut sowie Entschlossenheit zu zeigen, den eigenen Beitrag zu leisten, dem Team und den Leuten an und außerhalb der Strecke beizustehen“, betonte di Montezemolo.
Alonso hatte am Sonntag nach seinem fünften Platz beim Großen Preis von Ungarn geklagt, dass sich Ferrari nicht wirklich verbessert habe und das Team nicht konkurrenzfähig sei. Auf die Frage, was er sich zum Geburtstag wünsche, hatte er gesagt: „Ein anderes Auto.“ Ein Affront für jeden Ferraristi.
Hinzu kamen wüste Spekulationen, nachdem auch noch der Manager des Iberers im Red-Bull-Motorhome gesichtet worden war. Es soll bei den Gesprächen zwar nicht um Alonso gegangen sein, auch wenn das von Red-Bull-Seite keiner so darstellen wollte und die Gerüchteküche lieber weiter brodeln ließ. Der vermeintliche Schaden liegt aber bei Ferrari und Alonso, nicht beim Weltmeister-Team mit Spitzenreiter Sebastian Vettel.
Die Red-Bull-Verantwortlichen dürften die Rüge für Alonso entspannt zur Kenntnis genommen haben. Der Spanier selbst reagierte darauf zunächst nicht. Stattdessen twitterte er ein Foto seines Geburtstagskuchens. „Ich fühle mich jung!!!“, schrieb Alonso darunter - statt einer 32 prangte eine 23 auf dem Backwerk. Und bei Facebook postete der Spanier Bilder mit seiner Freundin Dasha Kapustina, händchenhaltend und glückselig lächelnd im Auto. Am Dienstag ging's dann erst zum Training, anschließend in den Simulator. „Viel Arbeit heute!“, schrieb Alonso und wünschte allen brav einen Guten Morgen.
Wie er sich nach dem Machtwort von Montezemolo gefühlt hat, ist nur zu erahnen. Alonso ist ein Alpha-Tier. Und die Aussicht, auch in diesem Jahr bis zum Ende vergeblich dem so ersehnten dritten WM-Titel hinterherzuhecheln, frustriert ihn. 39 Punkte Rückstand hat er mit in den Sommerurlaub genommen. Nur Rang drei hinter Vettel und Kimi Räikkönen - zu wenig für Alonsos Ansprüche, und zu wenig für die Ferrari-Ansprüche. Zumal auch Mercedes richtig gefährlich zu werden droht nach Lewis Hamiltons Sieg in Budapest.
Ergo nahm sich Montezemolo am Montag gleich auch noch die Rennstallverantwortlichen um Teamchef Stefano Domenicali in Maranello zur Brust. „Der Präsident forderte eine sofortige Tempo-Steigerung von Spa an, um wieder um Siege kämpfen zu können“, schrieb die Scuderia. Immerhin warten Ferrari und Alonso seit dem Erfolg des Spaniers beim Heimrennen am 12. Mai auf den nächsten Sieg. Am 25. August haben Alonso und Ferrari beim Belgien-Grand-Prix die Chance, mit einem Erfolg auch die bröckelnde Ferrari-Welt wieder zu kitten.
Und als Zeichen für die nahe Formel-1-Zukunft nach der vierwöchigen Sommerpause bekamen die hochrangigen Ingenieure vom Präsidenten auch noch ein Messer geschenkt. Verbunden mit der symbolhaften Aufforderung, es bei der Attacke in der zweiten Saisonhälfte zwischen die Zähne zu nehmen. Für diese Abteilung Psychospielchen war bislang eher Alonso zuständig.