Mercedes' DTM-Boss Fritz: Nicht nur Scheider bestrafen
Spielberg (dpa) - Ein Funkspruch als Aufreger des Wochenendes: „Timo, schieb ihn raus“, hören die TV-Zuschauer der ARD beim DTM-Rennen in Spielberg. Sekunden später kegelt Audi-Fahrer Timo Scheider die Konkurrenten Robert Wickens und Pascal Wehrlein ins Kiesbett.
Unabsichtlich, wie der zweimalige Champion beteuert. Ulrich Fritz, DTM-Chef von Mercedes, glaubt das nicht. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur fordert Fritz auch für Audi eine Strafe.
Wie beurteilen Sie die Szene zwischen Wehrlein, Wickens und Scheider?
Ulrich Fritz: Es ist alles in Wort, Ton und Bild festgehalten. Es gibt einen klaren Funkspruch, „Timo, schieb ihn raus“. Kurz danach sieht man zwei unserer Fahrzeuge im Kiesbett stehen. Da braucht man nicht viel zu sagen. Das sind Szenen, die wir im Sport nicht sehen wollen. Dass jemand absichtlich aus dem Rennen genommen wird, das darf nicht passieren. Wenn es dann noch der Meisterschaftsführende ist, dann hat das einen noch fahleren Beigeschmack. Das ist grob unsportlich.
An der Absicht zweifeln Sie also überhaupt nicht?
Fritz: Nein. Es gibt einen klaren Befehl, wenn man das so nennen will, und kurz danach diese Situation. Da nicht von Absicht zu sprechen, da finde ich nicht viele Gründe für. Zu dieser Situation gehören zwei. Der Befehlsgeber in Anführungszeichen und dann derjenige, der es durchführt. Timo Scheider ist einer der erfahrensten DTM-Piloten, ist in der Fahrergewerkschaft, und hat dazu mit der Meisterschaft überhaupt nichts zu tun. Wenn sich jemand für so etwas hergibt, habe ich dafür überhaupt kein Verständnis.
Wehrlein ist der jüngste Pilot im Fahrerfeld. Wie geht es ihm?
Fritz: Der Pascal ist Profi genug, um sowas auch zu verarbeiten. Im Fokus steht aber klar die Enttäuschung. Wir haben über das ganze Wochenende hinweg einen sehr soliden Job gezeigt. Er hat die Meisterschaft von Samstag auf Sonntag angeführt. Das ist extrem enttäuschend für ihn. Man kann nichts anderes tun, als darüber zu sprechen und die Emotionen sacken zu lassen.
Unabhängig von der Entscheidung der Sportkommissare: Wie sähe eine gerechte Strafe ihrer Meinung nach aus?
Fritz: Wir haben da Vertrauen in die Kommissare und den DMSB. Nur dem Timo Scheider eine Strafe zu geben, wäre aber zu kurz gesprungen. Alles andere müssen wir aber den Profis überlassen.
Audi-Motorsportchef Ullrich bestreitet jegliche Anweisungsabsicht an Scheider, hat sich für den Satz aber grundsätzlich bei Mercedes entschuldigt. Können sie die Entschuldigung annehmen?
Fritz: Es ist extrem schwierig, bevor der komplette Sachverhalt geklärt ist. So eine Entschuldigung ist aber der erste Schritt. Im Interesse des Sports werden wir natürlich weiter versuchen zusammenzuarbeiten und das Beste aus der Situation zu machen.
Was glauben Sie: Welche Folgen hat das alles für die DTM?
Fritz: Das ist schwierig zu sagen. Solche Szenen will niemand sehen. Wir wollen alle harten Tourenwagensport, aber eben auch fairen Rennsport. Nicht solche Situationen, wo auf Anweisung Kontrahenten ins Kiesbett geschickt werden. Das darf nicht einreißen. Es muss im Urteil ein deutliches Zeichen geben, weil ein solches Verhalten nicht toleriert werden kann. Es darf überhaupt niemand mehr in die Versuchung geraten, über so etwas nachzudenken.
ZUR PERSON: Ulrich Fritz ist Vorstand bei HWA und verantwortet den DTM-Auftritt von Mercedes. Für den 38-Jährigen ist es die erste Saison als Teamchef bei Mercedes-AMG.